Das Spiel mit der Flüchtigkeit

von Redaktion

Schlossmuseum Murnau zeigt Werke von Gaby Terhuven

Von Freia Oliv

Das Erste, was auffällt, ist die Präzision. Dann kommen die Rhythmen, die feinen Farben. Und erst auf den dritten Blick staunt man über die Vielfalt. Da ist jedes Werk noch ein paar mehr Blicke wert. Immer neue Tiefen, Räume, Muster, Harmonien und Dynamiken entfalten sich mit diesen Glasplatten. Zu Recht hat das Schlossmuseum Murnau mehrere Räume für eine Künstlerin und eine Grundidee freigeräumt: Gaby Terhuven zeigt „Lichtungen“.

„Ich lasse meine ganze Geduld bei den Bildern“, sagt sie, und man glaubt ihr sofort. Dass sie das ausgerechnet dann tut, wenn sie mit der „Flüchtigkeit der Wahrnehmung“ spielt, macht klar, wie komplex diese Meisterwerke auch sind. Durchwegs sind sie aus zwei Glasplatten gefertigt, die auf den vier Seiten in Öl mit ausgetüftelten Streifenmustern überzogen sind, die durchscheinend, sich überlappend, sich verdichtend und auseinanderströmend in immer neuen Sichtachsen präsentieren. Was dem Spiel mit Tiefe und Licht vorausgeht, sind Skizzen und Berechnungen, sind viele Farbexperimente und ist dann vor allem langwieriges Abkleben der zu malenden Farbstreifen. Es entsteht damit eine konkrete Kunst, die seriell angelegt ist und Zeit-, Bewegungs-, Lichtabläufe analysiert.

Seit 2013 ist Terhuven mit einer dreiteiligen Arbeit im Schlossmuseum Murnau vertreten und gibt der Sammlung zur mehrhundertjährigen Hinterglas-Tradition einen aktuellen Akzent. Mit ihren musikalisch komponierten Modulen knüpft sie an die große Widerentdeckungszeit der Hinterglaskunst rund um den „Blauen Reiter“ und vor allem an manche Idee Wassily Kandinskys an, ebenso an die Optical Art der Sechzigerjahre um Victor Vasarely. Mit Fotos von Baumreihen und Wasserspiegelungen gibt sie weitere Inspirationsquellen preis. Was sie daraus macht, ist allerdings einzigartig.

Aus 41 Einzelwerken besteht die Installation im großen Saal: In quirligem Rotviolett klammern sich Erinnerungen an Rom über Eck, um mit dem ätherischen Blau gegenüber zu korrespondieren. Dann wieder sind es zarte Farben, die sich in die Senkrechte, in die Horizontale, in dezenten Rundungen ausbreiten und mit jedem Schritt neue Varianten, neue Tiefen und Schwingungen erfassbar machen. Das Erzeugen einer Atmosphäre des nicht Beschreibbaren, Fragilen, Veränderlichen interessiert Terhuven. Das gilt auch für die großformatigen, akribischen Bleistiftarbeiten, die sie für Murnau gefertigt hat. Alle zusammen von einer Horizontlinie zusammengehalten, entfalten sich scheinbar bewegliche Licht- und Raumeffekte allein durch eine raffinierte Schraffur und Geometrie: ein pulsierendes Phänomen zwischen Auflösung und Konkretem.

Bis 25. Februar,

Di.-So. 10-17 Uhr; Katalog: 15 Euro; Tel. 08841/ 47 62 01; parallel läuft eine Ausstellung in der Münchner Galerie Spielvogel bis 24. Februar, Maximilianstraße 45.

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