Im Seelen-Aufruhr

von Redaktion

BR-Symphonieorchester,

Herkulessaal

Gut zwei Wochen vor dem Fest überreichte das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks – inspiriert von Sir John Eliot Gardiner am Pult – ein prachtvolles Geschenk: dreimal Schumann. Dies so lebendig, so mitreißend, dass sich das Publikum im ausverkauften Herkulessaal bei Orchester, Dirigent und Cellist Jean-Guihen Queyras mit Ovationen bedankte.

Gardiner durchdringt Schumanns Notentext mit scharfem Blick und animiert das Ensemble zu einer Klangrede, die den Zuhörer keine Sekunde abdriften lässt. In der „Manfred“-Ouvertüre formt Gardiner aus der Initialzündung der Anfangstakte ein großes Werden und Wachsen. Das fulminante Orchester steigert sich in den dramatischen, herb akzentuierten (Seelen-)Aufruhr. Das stets transparente, detailliert ausgeleuchtete Klanggeschehen erlischt in melancholischem Pianissimo. Jean-Guihen Queyras geht das Cello-Konzert nicht mit romantisch-schwelgerischem Ton an, sondern setzt auf feine, atmende Kantilenen und ein in jeder Phase beredtes Spiel. Dabei riskiert er auch schroffe Akzente in der tiefen Lage und fesselt mit Intensität und Verinnerlichung im langsamen Teil. Im Wechselspiel mit dem Orchester fliegen die Themensplitter hin und her. Den großen Applaus quittierte der charmante Kanadier mit einem Stück von Dutilleux.

Mit Schumanns zweiter Symphonie fordert der Dirigent das Orchester noch einmal heraus. Stehend erfüllen die Musiker das Werk mit pulsierendem Leben. Gardiner begreift die vier höchst unterschiedlichen Sätze als lebendigen Organismus, den er mit klanglichen, dynamischen und rhythmischen Akzentuierungen formt. Auf die Unruhe des Scherzos antwortet er mit dem großen Atem des Adagio espressivo. Alles löst sich mit dem Sprung ins Finale, dessen C-Dur-Coda Orchester und Dirigent lärmend ad absurdum führen. gabriele Luster

Artikel 6 von 6