INTERVIEW ZUM JUBILÄUM

„Bitte, bitte, lasst mich den Film machen“

von Redaktion

Uschi Glas über ihren ersten großen Kino-Erfolg „Zur Sache, Schätzchen“, der heute vor 50 Jahren Premiere hatte

Bei diesem Film wollte Uschi Glas unbedingt dabei sein. Die Münchner Tragikomödie „Zur Sache, Schätzchen“ machte sie berühmt, nicht zuletzt wegen einer Szene auf dem Polizeirevier, in der die Schauspielerin am Ende nur noch im weißen Korsett dasteht. 1968, das waren aufregende Zeiten, erinnert sich die 73-Jährige heute. Allerdings: Allzu viel feiern konnte sie damals nicht. Warum sie das turbulente Leben nicht auskostete, erzählt Uschi Glas anlässlich des 50. Jahrestags der Filmpremiere.

-Wie war es, bei „Zur Sache, Schätzchen“ dabei zu sein?

Natürlich aufregend. Es war ein bisschen chaotisch. Wir haben schwarz-weiß gedreht, weil wir kein Geld hatten für einen Farbfilm. Es waren wirklich schwierigste Bedingungen. Als die Premiere war, hat man aber gespürt, dass das ein Bombenerfolg sein wird. Die Reaktionen waren so spontan und mitreißend, dass Regisseurin May Spils, mein Filmpartner Werner Enke und ich uns so gefreut haben, weil wir gemerkt haben: Jetzt ist es doch geglückt. Es gab vorher so viele Unkenrufe. Und dann haben wir gespürt, dass es trotzdem funktionierte.

-Wie viel Herzblut steckt in dem Film?

Sehr viel. Ich habe das damals gegen den Willen meiner Agentur gemacht. Und gegen den Willen von Horst Wendlandt, bei dem ich bei Rialto Film unter Exklusivvertrag war. Das war damals auch ein absolutes Novum, mit einer Regisseurin zu drehen. Ich habe das Skript gelesen und gesagt: „Bitte, bitte, lasst mich den Film machen.“ Dann hieß es: „Nein. Wenn du jetzt einen Flop baust, ist das nicht gut.“ Darauf ich: „Wenn ihr es nicht erlaubt, mache ich es trotzdem.“

-Der Film hat einen Nerv getroffen.

Ganz genau. Zu der Zeit gab es viele kritische Filme, die aber todernst waren. Und bei „Zur Sache, Schätzchen“ ist die Story ja eigentlich auch ziemlich hart. Trotzdem hat man es hingekriegt, dass man lacht. Alles hatte eine Leichtigkeit und auch diese so besondere Sprache. Es gibt heute noch Leute, die alles zitieren können.

-Was war das Aufregendste an dem Dreh?

May und Werner waren ganz andere Leute als die, die ich bis dahin kennengelernt hatte. Einfach verrückt, richtige Schwabinger. Ich habe auch in Schwabing gewohnt, aber so ein Laissez-faire-Leben hat es bei mir nicht gegeben, weil ich keine Unterstützung hatte. Ich musste mein Leben immer selber finanzieren. Meine Eltern hätten mir was erzählt, wenn ich gesagt hätte, dass ich auch mal in Schwabing rumhängen und das Leben vorbeiwandern lassen will.

-Sie waren also die Bodenständige?

Für Werner und May war ich ein junges Mädchen, das mit beiden Beinen im Leben steht. Den Werner hatte auch total fasziniert, dass ich einen Führerschein habe. „Was, du hast einen Führerschein? Ja wie hast du denn das gemacht?“ Das waren so Diskussionen, bei denen ich mir gedacht habe: Aus welchem Meer taucht der denn auf? Ich bin auf dem Land großgeworden. Um dich zu befreien, musstest du einen Führerschein haben. Einfach ins Auto setzen und losfahren, das war eine Befreiung.

-Enke, Spils und Sie kamen aus völlig verschiedenen Welten.

Wir waren total ungleich. Ich mochte Werners Geschichten wahnsinnig gerne, und er mochte meine Geschichten. Einmal ging es darum, dass er sich neue Socken kaufen wollte. Ich sagte: „Dann geh’ halt in den Laden.“ Dann er: „Wie, ich soll in den Laden rein?“ Und ich: „Dann gehst du rein und sagst ,Grüß Gott, ich brauch’ ein paar Socken‘.“ – „Nee, das kann ich nicht.“ So eine Weltfremdheit. Ich war die Praktische, auch die Pünktliche natürlich. Wenn es hieß, 8.30 Uhr Drehbeginn, war ich fertig mit meiner Maske und angezogen. Beim Werner ist das eher nicht so der Fall gewesen. Wir sind alle heute noch gut befreundet.

-War damals alles etwas wilder als heute?

Die 68er-Jahre waren natürlich eine ganz wilde Zeit. Ich musste immer arbeiten, das war klar. Dann habe ich irgendwann angefangen, Schauspielunterricht zu nehmen. Einfach mal alle Viere gerade sein lassen, das konnte ich mir nicht leisten. Mitgefeiert und mitdiskutiert habe ich aber in dieser Zeit der großen Diskussionen schon.

-Vermissen Sie diese Jahre?

Das kann ich schwer sagen. Heute könntest du nicht mehr feiern wie damals. München war eine wilde Stadt, aber das ist 50 Jahre her. Es hat sich kolossal verändert, Gott sei Dank. Ich liebe diese Stadt. Ich freue mich so, wenn ich längere Zeit nicht da war und wieder zurückkomme.

Das Gespräch führte Cordula Dieckmann.

Sondervorführung

am 29. Januar im Münchner Literaturhaus (Salvatorplatz 1) als Begleitprogramm zur Ausstellung „Blumenkinder“: ab 18.30 Uhr „Zur Sache Schätzchen“, ab 20.15 Uhr „Easy Rider“; Eintritt frei.

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