Schubsen, ziehen, prellen

von Redaktion

Bei der Installation „ADA“ in der Münchner Muffathalle werden die Zuschauer zu Akteuren, die mit der Luft-Kugel tanzen und zeichnen

Von Malve Gradinger

Schauspiel und Tanz auf der Bühne, Gemälde an der Museumswand – so war die Tradition. Immer öfter wird man jedoch aus der passiven Betrachtung herausgeholt. Bei Choreograf William Forsythes „White Bouncy Castle“ (1997) federten, hüpften und sprangen die Besucher lustvoll durch das luftgefüllte Plastikschloss oder turnten im Museum an Ringen. Die Münchner Künstlerin Karina Smigla-Bobinski verlockt jetzt mit ihrer Installation „ADA“ in der Muffathalle zu einem Ballspiel!

Überraschung: Jeder, das Kind in sich unverklemmt von der Leine lassend, wagt sich mal vor. Schubst, zieht, prellt und zwirbelt die transparente stachelige Kugel durch das Ausstellungsgehege. Es macht Spaß, den mit Helium gefüllten, gar nicht so leicht zu bewegenden Ball zum „Luft-Tanz“ zu zähmen. Aber dank wechselndem Zuschauereinsatz schwebt und kreiselt er in immer neuen Flugformationen. Und nach und nach hinterlassen seine Kohlestift-Stacheln auf dem weißen Boden und den weißen Wandflächen schwarze Striche, gebogene und gebrochene Linien. Man kann sich vorstellen, wie sich mit weiteren Interakteuren die krakeligen Spuren zu zufälligen Kohlezeichnungen verdichten. Mit Zufallsstrategien arbeiteten schon die Surrealisten und ab den Fünfzigern Maler wie Jackson Pollock mit seinem tropfenden Action-Painting und Karl Otto Götz, der zwischen Kontrolle und Zufall bereits aufgetragene Farbe wieder von der Leinwand weggeschleuderte.

Ähnlich wie Götz wissenschaftlich interessiert verbeugt sich Smigla-Bobinski mit ihrem Titel „ADA“ vor der Tochter des Dichters Lord Byron, der Wissenschaftlerin Ada Lovelace (1815-1856), die die Vorstufe zu einem Computer entwickelte. Wichtig fürs Hier und Heute ist, dass die weltweit gefragte Installationskünstlerin das Publikum ungezwungen integriert und so einen neuen Zugang nicht nur zur Kunst ermöglicht. In einer durch Digitalisierung und Robotik sich verändernden Welt wird der kreative Ansporn der Gesellschaft ein maßgeblicher positiver Faktor sein.

Vorstellung

noch heute, jederzeit Eintritt zwischen 19 und 23 Uhr;

Karten: 089/ 54 81 81 81.

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