konzertkritiken

Klassik-Volksfest

von Redaktion

Andrea Bocelli,

Olympiahalle

Time to say hello! Andrea Bocelli, der Event-Tenor aus der Toskana, ist zum ersten Mal seit gut 20 Jahren wieder auf größerer Deutschland-Tour. Zum Start in der etwa zur Hälfte gefüllten Münchner Olympiahalle bescherte er seinen Verehrern ein unterhaltsames Klassik-Volksfest wie aus einer Opern-Playlist auf Spotify. Von „La donna è mobile“ über „Brindisi“ bis „Nessun dorma“ – alles da, um die Halle in die „Arena di Monaco“ zu verwandeln. Viele „Bravi“ und „Da capo“, nicht zuletzt von den zahlreichen italienischen Musikfreunden, die über den Brenner geeilt waren, um ihrem Volkshelden zu huldigen.

60 wird der ewig junge Andrea im September – und es soll sein Jahr werden. Sein Duett „Perfect“ mit Ed Sheeran erobert gerade die Pop-Charts. Und morgen erscheint der Film „The Music of Silence“ über sein Leben auf DVD. „Game of Thrones“-Star Toby Sebastian spielt darin den blinden Sänger, der zum Weltstar aufsteigt. Den echten Bocelli gab’s jetzt in München zu erleben. Der Aufwand war dabei ebenso monumental wie die Kartenpreise von bis zu 254 Euro. Das Máv Symphony Orchestra aus Ungarn, das schon mit Pavarotti unterwegs war, begleitete Bocelli samt gewaltigem Chor. Wer in ein Konzert des Volks-Tenors geht, erwartet sicher keinen zweiten Pavarotti – dafür aber hübsche Klassik-Gassenhauer zum Mitsummen, und gern auch gut gemachten Kitsch. Und genau das lieferten die rund 150 Beteiligten. Bocelli hatte „Ave Maria“ mit Kirchenszenen im Hintergrund ebenso mitgebracht wie Heintjes „Mama“, das in Wahrheit ein italienischer Schlager aus den Dreißigern ist. Den Spannungsbogen einer Oper bietet solch ein Abend naturgemäß nicht. Bocelli sang gleich sein erstes Stück „La donna è mobile“ mit viel Drama, Grandezza und mächtig rollendem „r“.

Viel Luft nach oben blieb da nicht mehr. Und so ging’s dahin mit Gaststars wie dem Gitarrenduo Carisma und der Sopranistin María Aleida Rodríguez, von der Bocelli vor dem Finale tränenreich Abschied nahm. „Time to say goodbye“ – man mag den ollen Henry-Maske-Soundtrack belächeln, doch schöner geschmalzt und geschmachtet wurde selten. jörg heinrich

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