Auf- und abgerüstet

von Redaktion

Im Münchner Lustspielhaus hatte jetzt Helmut Schleichs neues Programm „Kauf, Du Sau!“ Premiere

Von Rudolf Ogiermann

„Fahr einen, zahl’ drei“ – diese Rechnung präsentiert VW den Autofahrern, und das unter dem euphemistischen Terminus „Flottenerneuerung“. Helmut Schleichs scharfe Attacke gegen den Konzern, der seine Kunden abzockt und seine Manager bestens versorgt, liegt ganz auf der Linie des Programmtitels, der eine derbe Aufforderung ist: „Kauf, Du Sau!“ Der Bürger als Konsument, willen- und am besten auch noch ahnungslos – über diesen Traum der Unternehmens- und Staatenlenker will Schleich in seinem neuen Streich referieren.

Und führt sein Publikum bei der Premiere im Münchner Lustspielhaus durch die Showrooms der (Wirtschafts-)Politik, vom Götzen Auto über die Segnungen Europas bis zu den Bienen, die erst dann eine Lobby zu haben scheinen, wenn man ihre Leistung in Euro beziffert. Der Münchner Kabarettist ist (noch) politischer geworden, ist noch mehr er selbst, wenn er – mit Blick auf die USA – über gute und böse Menschen mit Waffen sinniert: „Manche Referendarin zu meiner Zeit wäre froh gewesen, wenn sie mal einen Schuss in die Decke hätte abfeuern können.“

Schleich selbst hat bei seinen Typen abgerüstet, nur ein verirrter Fernfahrer namens Rudi taucht zwischendurch auf und interpretiert Vielehe für sich neu. Auch der rote Faden verschwindet über weite Strecken aus dem Blickfeld, was den Abend aber nicht weniger kurzweilig macht (Regie: Rainer Pause). Denn der 50-Jährige ist und bleibt ein begnadeter Wortklauber, der sich mit Verve auf zeitgeistiges Vokabular stürzt, vom pseudofreundlichen „Sehr sehr gerne“ über die Preußen-„Semel (!) ohne Weißmehl“ bis zum „Muttsie-und-Vatsie“-Genderwahn.

Schleich changiert geschmeidig zwischen (Selbst-)Anklage und Mia-san-mia-Pragmatismus – und lässt am Ende doch noch den Großen Vorsitzenden auftreten und über seine politischen Enkel richten. „Kraft ohne Weisheit stürzt durch die eigene Wucht“ – auf wen diese Worte wohl gemünzt sind? Wer’s wissen will, muss ein Ticket erwerben. Heißt, gemäß dem Motto des Abends: „Kauf, Du Sau!“

Weitere Vorstellungen:

vom 9. – 12. und vom 17. – 19. Mai, Telefon: 089/34 49 74.

Artikel 8 von 8