Intime Momente

von Redaktion

Gestern erschien „Piano & A Microphone 1983“ von Prince

von jörg heinrich

Im vergangenen Juni seinen 60. Geburtstag zu feiern, war Prince nicht mehr vergönnt. Der kleinste große Popstar der Welt starb 2016 mutmaßlich an einer Überdosis Schmerzmittel. Doch seinen Fans beschert Prince bis heute mit schöner Regelmäßigkeit gute Gründe, ihn hochleben zu lassen – immer dann, wenn postum (beinahe) neue Musik von ihm erscheint. Gestern war es wieder so weit: „Piano & A Microphone 1983“ heißt das intime, das ungewöhnliche Album, das einen 25-jährigen Prince als früh vollendetes Genie präsentiert.

Der Titel der Platte beschreibt, worum es geht: Prince, ein Piano und ein Mikrofon – mehr war eigentlich nie nötig, um atemberaubende Musik zu erschaffen. Eingespielt hat der junge Prince Rogers Nelson die neun Titel, die jetzt veröffentlicht wurden, 1983 in seinem damaligen Heimstudio, dem „Purple House“ in Chanhassen, Minnesota, angeblich in einem einzigen Take.

Was in den 35 Minuten zu hören ist, fasziniert nicht nur eingeschworene Fans. Es sind hingetupfte Skizzen am Piano, roh, unbehauen, auf denen Prince die ganze Bandbreite seines Spiels und seiner Stimme zeigt. Vom sanften Gurren bis zum wilden Fauchen dauert es oft nur wenige Takte. Diese reduzierte Form passt so großartig zu Prince, dass er am Ende seines Lebens zu ihr zurückkehrte. „Piano & A Microphone“ hieß auch seine letzte Tournee 2016, deren geplantes Finale er nicht mehr erlebte.

Legendäre Songs wie die spätere „When Doves cry“-B-Seite „17 Days“ sind auf dem Album in ihrer Frühform ebenso zu hören wie der exaltierte Gospel-Klassiker „Mary don’t You weep“ – oder exakt eine Minute, 27 Sekunden „Purple Rain“. Ein Jahr, bevor die Welt den Über-Song erstmals hörte, improvisiert Prince ihn hier am Piano. Er beginnt mit einem lässig hingeworfenen „I never meant to cause you any sorrow“ und endet mit einem leisen, zarten „Purple Rain“ im Refrain. Beim Zuhören möchte man kaum glauben, in welches spektakuläre Drama sich dieser Entwurf nur wenige Monate später verwandelte. Beinharte Prince-Fans könnten die Aufnahmen bereits kennen, die seit Längerem unter der Hand als „Intimate Moments with Prince“ kursieren – mit noch mehr Songs, und mit der weiterhin unveröffentlichten Fortsetzung „More Intimate Moments“. Die weitgehend unbearbeiteten neun Titel mit erstaunlich guter Tonqualität, die die Nachlassverwalter, der „Prince Estate“, jetzt freigegeben haben, stammen von einer Kassette, die Prince in seinem Paisley-Park-Studio aufbewahrte.

Mit „Piano & A Microphone 1983“ gehen die tröpfchenweisen – und lukrativen – Veröffentlichungen aus dem Nachlass des arbeitswütigen Musikers weiter. Material gibt es noch für viele weitere Platten. Allein aus der Zeit im „Purple House“ sollen mit „Dream Factory“, „Crystal Ball“ und „Roadhouse Garden“ drei unveröffentlichte Alben existieren. Angeblich stellt Rap-Superstar Jay-Z derzeit weiteres Material aus dem Nachlass zusammen. Die Chancen stehen also gut, dass die Fans von Prince auch seinen 70. und 80. Geburtstag mit (beinahe) neuer Musik feiern können.

Prince:

„Piano & A Microphone 1983“ (Warner).

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