Scharf und melancholisch

von Redaktion

Die Berliner Band Britta spielt charmant im Club Unter Deck

Zumindest die Vorstellung sei erlaubt, wie Christiane Rösinger auf der Bühne der Olympiahalle steht. Könnte sie auch Massen mit ihrem zerstreuten Charme und ihrer beiläufigen Schlagfertigkeit unterhalten? Beinahe glaubt man es. Hier im kuscheligen Club Unter Deck in der Stadtmitte jedenfalls ist die 57-Jährige als Sängerin der Berliner Band Britta die größte Entertainerin der Welt.

Sie recherchiere ja vorher gerne über die Stadt, in der sie spielt, um ein wenig Bonding mit dem Publikum betreiben zu können, sagt Rösinger – und erwähnt dann, der nächste Song habe sich in Bamberg zugetragen. Oder sie betont, dass der nächste Song nicht wahr sei. Männer mit narzisstischer Störung seien nicht interessant, nur dämlich. Trotzdem ist das Lied „Ich glaube ich hab ein Faible für Idioten“ natürlich großartig.

Brittas an Sonic Youth geschulter Schrammelpop ist schön, bildet aber letztlich nur das flauschige Bett für die klugen Texte der Sängerin mit der süßen Stimme. Es ist ein interessantes Spannungsverhältnis: Rösinger klingt, als könnte sie im nächsten Pixar-Film eine Hamster-Mama synchronisieren. Aber ihre Sätze treffen mit politischer Schärfe und einer Prise Melancholie ins Schwarze. „Wer geht putzen und wer wird Millionär?“, fragt sie und antwortet: „Wer schon hat, dem wird gegeben, und für uns bleibt nur das schöne Leben.“ Immerhin.

Britta gibt es nun 20 Jahre, Rösinger macht sogar schon seit Mitte der Achtziger Musik. Bis in die Olympiahalle wird sie es nicht mehr schaffen – wer dieses schöne Konzert miterlebt hat, wird deswegen allerdings nicht traurig sein. JOHANNES LÖHR

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