Gefühlt nimmt Beatrice Egli jeden mindestens einmal in den Arm. Immer wieder kraxelt die Sängerin von der Bühne zu den Fans, macht Selfies, holt sich Süßigkeiten ab oder spielt mit dem Publikum „Wahrheit oder Pflicht“. Sogar eine „Kiss Cam“ hat sie dabei, lässt in Münchens Philharmonie langjährige Paare busseln und verkuppelt Tamara und Ruben, die sich bis dato noch nie gesehen hatten. Ein Feuerwerk an Situationskomik im Pop-Schlager-Mantel.
Egli, seit sechs Jahren hauptberuflich im Geschäft, hat endlich ein Bühnenformat gefunden, das ihre Stärken ausspielt. Sie ist noch immer wild, wenn sie mit glitzernden Pumps und Diskokugel-Kleid zu „Wir leben laut“ durch die Gegend springt. Sie klingt romantisch, wenn sie das Partylied „Herz an“ plötzlich leise singt. Neu ist, dass Egli die gekünstelten Rahmengeschichten eingedampft hat, die bei ihrer „Egli Air“-Tour noch omnipräsent waren. Stattdessen wirkt nun vieles spontan und unverstellt.
Einzig die digitalen Einspieler mit vier fiktiven Beatrice-Freundinnen, mit denen die Künstlerin immer wieder spricht, sind ein Überbleibsel aus den alten Zeiten. Die Sequenzen sind zwar aufwendig produziert und geben der über dreistündigen Show einen Rahmen, nehmen ihr dafür aber stellenweise die Lebendigkeit.
Musikalisch verzichtet Egli auf Experimente, zu denen sich einige ihrer Kollegen in der Branche zuletzt immer wieder hinreißen ließen. Am Anfang gibt’s passend zum Tourtitel „Wohlfühlgarantie“ nur Wohlfühlschlager. Der klingt in der Philharmonie sogar vernünftig (während Anheizerin Christin Stark zuvor stellenweise nicht zu verstehen war). Ohne die Hilfe von zusätzlichen Tänzern machen Egli, ihre zwei Background-Sängerinnen und die Vier-Mann-Band aus dem Konzertsaal überraschend schnell einen Partytempel, in dem sich viele nicht mehr setzen. SEBASTIAN DORN