Wie süß. Das kleine Kügelchen, das da aus dem Rohr kullert. Plopp. Von der Wucht, mit der es eine Sekunde vorher abgeschossen wurde, ist nichts mehr zu spüren. Kein Wunder, denn den Gewehrlauf hat Künstler Michael Sailstorfer um 26 Meter verlängert. Die schlängeln sich durch das Erdgeschoss des Kunstraums BNKR in der Ungererstraße 158 und schwächen so alle mörderische Kraft des Schusses ab.
Darum geht’s Sailstorfer in seiner ersten Einzelausstellung in München: das Negative, das Zerstörerische umzuwandeln in etwas Harmloses, Niedliches, gar Poetisches. Bis alles Schlechte verpufft. Der Präsentationsort ist exzellent gewählt. Vielmehr: wird selbst Teil des Kunstwerks. Der BNKR war einst Luftschutzbunker der Nationalsozialisten. Kurator Lukas Feireiss reizt in Sailstorfers Schau „Space is the Place“ die künstlerische Wahrnehmung von Raum und Architektur. Wer den einstigen Bunker betritt, wird im wahren Sinne des Wortes sofort darauf gestoßen. Kopf einziehen ist angesagt, um nicht gegen die Rohr-Konstruktion zu laufen.
Faszinierend, was so ein Ort mit einem macht. Und mit den Werken des 1979 im niederbayerischen Velden geborenen Künstlers. Vom Keller her dröhnt es. Was verbirgt sich da unten, in der Tiefe? Eingeschüchtert schreitet man nach unten. „Ein Bunker sollte ja eigentlich Schutz bieten. Doch dieses Unheimliche im Heim bleibt“, sagt Feireiss. Wenn draußen Gefahr droht, ist das auch hinter den dicksten Mauern spürbar. Im Untergeschoss wird klar: Das Dröhnen kommt vom Tonband, dazu rattert ein 16-Millimeter-Film in Dauerschleife. Und projiziert den immer gleichen Zeitlupenfilm an die weiße Wand: die Sprengung einer Stahlblechhalle. Sailstorfer hatte eine Firma beauftragt, die Halle zu zerstören. Doch kurz bevor die Außenwände bersten, beginnt der Film von Neuem. Zur Explosion kommt es nicht. Stattdessen wirkt das Ausdehnen und Zusammenziehen des Stahlblechs wie ein Atmen, wie eine tanzende Masse. Was hart war, wird weich. Leben statt Sterben.
An den zwei Steinblöcken, die auf dem Weg nach oben auf dem Boden stehen, würde man einfach vorbeigehen. Doch auch hier: Bedeutungsumschreibung. Sailstorfer hat in beide Goldmünzen im Wert von je 10 000 Euro eingearbeitet. Von außen nicht sichtbar. Mini-Bunker im großen Bunker. Starke Bilder, die nachwirken.
Bis 12. April,
Sa. und So. 14-18 Uhr; Eintritt frei; kostenlose Führungen (Di., Mi., Do.) nach Vereinbarung per E-Mail an info@bnkr.space.