„Das ist Wahnsinn“

von Redaktion

Intendant André Bücker zieht eine Zwischenbilanz der Augsburger Theater-Sanierung

Mit einer konzertanten Aufführung der „Walküre“ soll am 20. April die aufwendige Sanierung des Augsburger Theaters unterstützt werden. Stars wie Gerhard Siegel, Johan Reuter oder Iréne Theorin verzichten dazu auf ihre Gage. Schon zuvor muss das Haus seinen Standort in der Kasernstraße räumen, dazu werden am kommenden Samstag Gemälde, Möbelstücke und andere Requisiten gegen eine Spende für den Bayerischen Theaterjugendclub abgegeben. Die Renovierung ist also in vollem Gange. Intendant André Bücker zieht eine Zwischenbilanz.

Vor einem Jahr bekam Augsburg überraschend die Staatstheater-Weihen. Damals sagten Sie, Sie wüssten noch nicht, was dies fürs Haus bedeutet. Und jetzt?

Wir sind zwar seit 1. September 2018 Staatstheater, aber die Entwicklung dahin hat erst begonnen. Wir entwerfen gerade eine Perspektivplanung für die nächsten Jahre, das betrifft auch die Schaffung neuer Stellen – wobei ganz stark unsere Interimssituation und der Wiedereinzug ins Große Haus berücksichtigt werden müssen. Wir wollen wachsen, ganz klar. Zum Beispiel ist die Ballettsparte außerordentlich erfolgreich, da soll es also mehr Stellen geben. Auch die künstlerischen Etats sollen sukzessive angehoben werden. Insgesamt streben wir natürlich eine Steigerung der künstlerischen Qualität an.

Wie werden die Interimsbühnen angenommen?

Grundsätzlich bin ich darüber sehr glücklich – wobei man immer etwas für die Akzeptanz tun muss. Wir haben bei laufendem Repertoirebetrieb zwei Interimsspielstätten innerhalb von zwei Jahren gestemmt. Das ist Wahnsinn, ich kann die Abteilungen des Hauses und unsere Partner wie die Stadt gar nicht genug loben. Wir hatten aufgrund dieser Ausnahmesituation keine Vorstellungsausfälle oder sonstige Havarien. Der Martini-Park ist natürlich nicht besonders gut angebunden, es gibt auch keine optimale Parkplatz-Situation, trotzdem sind wir sehr gut besucht. Ich mag die Spielstätte. Der Saal hat eine absolut zufriedenstellende Akustik. Manche anderen Theater klingen schlechter, obwohl sich jeder Dirigent darauf einstellen muss. Das ist allerdings im Martini-Park nichts anderes als in der Elbphilharmonie.

Das Gärtnerplatztheater hat während der Sanierung Abonnenten verloren, aber auch neues Publikum dazugewonnen. Und Sie?

Auch bei uns gab es Verluste, die Abos gingen etwas zurück. Aber alles im verträglichen Rahmen. In der vergangenen Saison, der ersten Interimsspielzeit, waren wir fast auf dem Niveau wie in der letzten Saison im Großen Haus. Eine tolle Sache. Dass wir nun andere Menschen erreichen, liegt nicht allein am Martini-Park, sondern auch an der Programmatik. Wir waren mit zwei Produktionen zum Beispiel auf dem Uni-Campus, es gab „Tresenlesen“ in der Stadt, wir waren im Kühlergebäude des Gaswerks – auch dadurch kam neues Publikum.

Auf der Freilichtbühne zeigen Sie im Sommer „Jesus Christ Superstar“ – wieder ein Musical. Gibt es dort keine Opern mehr?

Nein. Auch unter meiner Vorgängerin Juliane Votteler gab es ja dort immer wieder Musicals. Man muss bedenken, dass wir mit der Freilichtbühne 20 Prozent unseres Jahresumsatzes machen. Da fanden mich alle ziemlich wagemutig, als ich im vergangenen Jahr die Uraufführung des Fugger-Musicals riskierte. „Herz aus Gold“ hat unsere Einnahme-Erwartungen bei Weitem übertroffen. Ab 2020 wird es jährlich neben neuen Open-Air-Musicals immer eine kleine Serie „Herz aus Gold“ geben.

„Bis mindestens 2024“ werde die Sanierung dauern, heißt es oft. Da schwingt immer ein „Ja, aber“ mit. Ihre Prognose?

Ich rechne mit einer Wiedereröffnung des Hauses zu Beginn der Saison 2023/ 24. Und ich habe in dieser Sache noch keine Stimme gehört, die einen größeren Einwand vorgebracht hätte. Klar gibt es einige, die lieber einen zeitlichen Puffer einbauen würden. Im Moment scheint aber alles auf diese Prognose zuzusteuern. Auch der Kostenrahmen von gut 186 Millionen Euro wird bislang gehalten.

Macht das alles die künstlerische Arbeit leichter? Weil Nachsicht geübt wird?

Das würde ich nicht sagen. Es kauft ja niemand eine Karte, weil wir so toll umziehen können, sondern weil die Menschen gutes Theater sehen wollen.

Das Gespräch führte Markus Thiel.

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