Peter Kempe zupft den Rocksaum zurecht. „Das hier ist ja nicht einfach Second Hand. Das hier ist Vintage, Darling.“ Für diese zwei Stunden Fotoshooting fühlt sich das Auktionshaus Neumeister wie ein Drehtag bei „Sex and the City“ an. Kempe spielt die Rolle des zauberhaften Modeprofis, der durch die Räume wuselt, Kleider, Taschen, Ohrclips herbeischafft und dann mit unnachahmlichem Lächeln quittiert, wie die guten Stücke am Körper wirken. Der in der Pariser Szene etablierte Journalist hat die Auktion kuratiert, die am Montag bei Neumeister steigt. Dann kommt Haute Couture unter den Hammer, die nicht nur Kempes Herz höher schlagen lässt. „Das Interesse ist immens. Mode ist Kunst. Wer sich hier umschaut, spaziert durch 60 Jahre Modegeschichte“, schwärmt Katrin Stoll. 2008 übernahm sie das elterliche Auktionshaus. Sie erinnert sich noch gut, wie ihr Vater Rudolf Neumeister voller Skepsis beobachtete, was seine Tochter vor zehn Jahren in den „heiligen Hallen“ trieb. Damals wagte sie erstmals eine Versteigerung von Vintage-Mode. Doch der Senior bemerkte bald, dass, wer Vintage ersteigert, nicht nur Kleidung sucht. Sondern ein Lebensgefühl.
„Den Knopf müssen wir schließen!“ Kempe tut’s, tritt einen Schritt zurück und nickt zufrieden. „Jetzt kommt der Schriftzug richtig zur Geltung.“ Zwölf goldene Buchstaben auf rotem Grund. „C H A N E L C H A N E L.“ Worte, die die Modewelt bedeuten.
„Bei der Auktion vor zehn Jahren kamen Mitarbeiter des Bayerischen Nationalmuseums zur Vorbesichtigung“, erinnert sich Stoll. Die Damen hätten begeistert probiert; nur eine sei so zierlich gewesen, dass nichts so recht passen wollte. Und Rudolf Neumeister? Schlug gelassen vor: „Da machen Sie einen Abnäher und dann sitzt der Rock.“ Stoll lacht. „Ausgerechnet er, der anfangs solche Zweifel hatte. Mode begeistert am Ende jeden.“
In diesem Jahr kann man nicht nur für hochwertige Kostüme und Accessoires von Christian Dior bis Yves Saint Laurent bieten (und das schon zu Schnäppchenpreisen unter 100 Euro), sondern auch für Oldtimer. Leuchtend rot steht er da, der Austin-Healey Sprite MK1, Baujahr 1958 (Schätzpreis: 25 000 bis 30 000 Euro). Zugegeben, bisschen wenig Beinfreiheit. Aber diese weichen Sitze! Dieses Motorenröhren! Diese verchromten Spiegel! Reine Männer-Spielzeuge? Von wegen! Wobei man den Herren den Zuschlag bei den Autos eigentlich gewähren sollte – Kleidung für sich suchen sie hier am Montag nämlich vergeblich. „Die Damen pflegen ihre Kleider und Taschen wie Schätze. Aber Männer“, Kempe verdreht gespielt genervt die Augen. „Sie tragen sie meist auf, bis es nicht mehr geht.“ Nachhaltig würde man das heute wohl nennen. Nachhaltig? Das können auch die Ladys. Hingehen, alte Stücke kaufen, weitertragen. Vintage, Darling!