Wer die neue Show im Münchner GOP verlässt, hat das Gefühl, gerade eine kleine Reise in eine zauberhafte Ferne unternommen zu haben. Nicht nur geografisch: nach Vietnam, wo das Mondlicht auf dem Mekong tanzt, während die Fischer ihre Netze auswerfen. Nicht nur künstlerisch: zur Zirkusschule in Hanoi, wo GOP-Direktor Werner Buss 13 junge Talente fand für einen Abend, der „die vietnamesische Seele mit dem europäischen Blick vereint“. Und nicht nur ästhetisch: in die authentisch schillernde Schlichtheit einer Geschichte aus dem ländlichen Alltag, dargestellt mit nur wenigen natürlichen Requisiten aus Bambus, Stroh oder Reis.
Auch emotional ist dieses GOP-Erlebnis ein besonderes: Denn „Sông Trˇang. Wenn der Mond sich im Fluss spiegelt“ atmet eine sanfte Stärke, die gleichsam intensiv in Augen, Ohren und ins Herz strömt. Unter der Regie von Knut Gminder und der Cie Xich-Lo, choreografiert von Quach Phuong Hoang, verschmilzt Akrobatik mit Tanz, Kraft mit Anmut. Artistik wird zum Ausdruck herzlicher Lebensfreude. Hüte wirbeln zur exakten Jonglage durch die Luft; Balanceakte werden mit langen Stangen und auf Leitern vollführt; an Trapez, Luftring und Strapaten scheint die Schwerkraft durch Körperspannung ausgehebelt.
Vor allem aber begeistern die 13 Künstler durch ihre vertraute Einheit. Bei allem aufregenden Gefühl der Fernreise besitzt dieser Varieté-Theaterabend überhaupt nichts aufgesetzt Exotisches, Kitschiges oder Plakatives. Natürlich wurden einige Traditionen an unsere westlichen Gewohnheiten angepasst. Tänzerisch trifft Altes auf Modernes: Die poetische Melancholie und stille Schwerelosigkeit eines artistischen Pas de deux verwandelt sich in gekonnten Breakdance-Elementen in ausgelassene Energie.
Obendrein zwinkert in kurzen Clownseinlagen – auf einem imaginären Mofa oder mit dem Selfie-Stick – auch immer wieder ein kleines bisschen Selbstironie ins Publikum. Musikalisch hat die meditative Monotonie fernöstlicher Instrumente im GOP einem abwechslungsreich überraschenden Soundtrack Platz gemacht. Der steht dem jungen Ensemble unheimlich gut – und hätte in einem größeren Kontext durchaus Kultpotenzial.
Weitere Vorstellungen
bis 3. November;
Telefon 089/210 28 84 44.