„Nur“ eine Neueinspielung von Schumanns „Dichterliebe“ vorlegen, das wäre Julian Prégardien, diesem dramaturgisch denkenden, historisch interessierten Sänger, zu wenig. Mit dem Pianisten Éric le Sage orientiert sich der Tenor an der Urtext-Ausgabe, lässt ab und zu bekannte Melodien ins Überraschende abbiegen und riskiert einige, damals durchaus übliche Verzierungen. Zusätzlich wird der Zyklus erweitert um andere Werke von Schumann und seiner Frau Clara. Neue und aufregende textliche Bezüge werden so geschaffen, zugleich schwingt in dieser Fassung (nicht zuletzt durch Duett-Momente mit Sopranistin Sandrine Piau) auch Autobiografisches aus Schumanns Künstler-Ehe mit. Prégardien agiert auf mehreren Ebenen: als beteiligter Erzähler und aus der Draufsicht. Eine Gratwanderung, die gerade bei Schumann so heikel ist und die hier musterhaft gelingt. Zugleich staunt man über die stufenlos pegelbare Kunst – vom Deklamatorischen über ätherische Lyrismen bis zur virilen, nie forcierten Expressivität. Eine Referenzaufnahme nicht nur wegen der besonderen Version. th