Galliens grüne Gören

von Redaktion

Heute erscheint der neue Asterix-Band „Die Tochter des Vercingetorix“

VON JÖRG HEINRICH

Jünger, weiblicher, moderner! Nicht nur altgediente politische Parteien wollen unter diesem Motto in die Zukunft aufbrechen, sondern auch altgediente Comic-Helden. In ihrem vierten gemeinsamen Asterix-Band „Die Tochter des Vercingetorix“, der heute erscheint, verschreiben Autor Jean-Yves Ferri und Zeichner Didier Conrad ihren Galliern eine Verjüngungskur. Die Hauptrolle spielt Adrenaline, pubertierend-zickige Tochter von Gallier-Führer Vercingetorix – die mit ihrem mächtigen roten Flechtzopf und entschlossenem Gesichtsausdruck durchaus an Klima-Aktivistin Greta Thunberg erinnert. Und die nächste Dorf-Generation steht auch schon am Start: Aspix und Selfix, die Söhne von Fischhändler Verleihnix und Dorfschmied Automatix, schicken sich als „Generation Praktikum“ an, ihre Väter in den Ruhestand zu befördern.

Zu viel Neues in Aremorica, im legendären Dorf am Meer? Nachdem Asterix-Papa Albert Uderzo 2005 in seinem desaströsen letzten Band „Gallien in Gefahr“ mit Manga-Anspielungen krachend scheiterte, gelingt Ferri und Conrad die Modernisierung um ein Vielfaches besser. Jugendsprache und Begrüßung mit Barack Obamas lässiger Ghettofaust – das könnte schnell peinlich werden, wird es aber auf keiner der 48 Seiten. Den beiden „Garçons“ (Lehrbuben) von „Patron“ Albert Uderzo gelingt es hinreißend, die aufmüpfige Jugend ins traditionsverhaftete Dorf zu verfrachten.

Jung-Schmied Selfix dengelt einen coolen neuen Gallierhelm mit dem Schirm einer Baseballmütze zusammen. Die Dorf-Kids hängen im Steinbruch ab und stellen Obelix vor existenzielle Fragen: „So krass wie ihr die Wildschweine überjagt, gibt’s sowieso bald keine mehr!“ Und überhaupt: „Wer weiß, was der Alte in den Zaubertrank gemischt hat.“ Gut möglich, dass Obelix vom Baden im kalorienreichen Gebräu des Druiden Miraculix so fett geworden ist. Und der Wendelring, ein Symbol des gallischen Widerstands, den die renitente Adrenaline um den Hals trägt, sieht aus wie ein lässiger Beats-Kopfhörer unserer Tage.

Ach ja, Adrenaline. Ab heute dürfen Asterix-Fans darüber debattieren, ob Ferri und Conrad bei ihrer gallischen Greta tatsächlich an Greta Thunberg gedacht haben. Vom zeitlichen Ablauf her erscheint das eher unwahrscheinlich. Denn Greta begann im August 2018 mit ihren Schulstreiks und wurde erst in den Monaten danach weltbekannt. Doch „Die Tochter des Vercingetorix“ wurde bereits im Januar 2019 angekündigt. Das ist eigentlich zu wenig Zeit, um eine Asterix-Geschichte rund um Greta zu stricken. Aber Autor Jean-Yves Ferri lässt in Sachen Adrenaline zumindest wissen: „Wenn schon, dann ist sie viel mehr Greta Thunberg als Marine Le Pen.“

So oder so: Die beiden Franzosen, die ebenso wie ihre Helden Asterix und Obelix dieses Jahr 60 wurden, haben erneut bewiesen, dass sie aktuelle Themen famos in die Asterix-Welt übersetzen können. Doch auch für die Traditionalisten unter den Gallier-Fans gibt es genug Grund zum Lachen. Verleihnix und Automatix verdreschen sich neuerdings wegen ihrer Söhne, und Methusalix hat nach wie vor keinen Plan, wo Alesia liegt. Für die Piraten, so viel sei vorab verraten, geht es erneut nicht gut aus. Neu ist allerdings, dass sich Jung-Gallier Selfix um die Überreste der diesmal wieder sehr schicken Seeschlachten sorgt: „Und der Müll landet im Meer!“

Asterix, Band 38 – „Immer dieselbe Lyra“, würde die rebellische Adrenaline sagen. Mag sein. Aber so lange Jean-Yves Ferri und Didier Conrad die Lyra so unterhaltsam zupfen, hört und liest man die gallischen Geschichten weiterhin mit größtem Vergnügen.

Jean-Yves Ferri/ Didier Conrad:

„Die Tochter des Vercingetorix“. Egmont Comic Collection, 48 Seiten; 6,90 Euro (Softcover) und

12 Euro (Hardcover).

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