In langer Reihe sammelten sich die Konzertbesucher am Donnerstag vor dem Herkulessaal, um ihren Dank und einen letzten Gruß ins Kondolenzbuch für Mariss Jansons einzutragen. Der verstorbene Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks war am Morgen in St. Petersburg mit einer Trauerfeier verabschiedet worden.
Das abendliche Münchner Konzert musizierten das nun verwaiste Ensemble und sein von vornherein geplanter Gastdirigent Franz Welser-Möst im Andenken an den Chef und Kollegen. Zunächst erinnerte Hörfunkdirektor Martin Wagner daran, dass Jansons 16 Jahre beim BR gewirkt hatte und beklagte den großen Verlust, den sein Tod für das Symphonieorchester und den Chor des Bayerischen Rundfunks bedeutet.
Hornist Norbert Dausacker, Mitglied des Orchestervorstands, sprach davon, wie tief traurig und geschockt die Musiker seien. Er betonte, dass die Zusammenarbeit mit dem warmherzigen, zugewandten Mariss Jansons geprägt gewesen sei von Respekt, Vertrauen und tiefer Menschlichkeit.
Als Verneigung vor seinem geliebten Chef musizierte das Orchester – ohne Dirigent – den zweiten Satz aus Schuberts „Unvollendeter“, die es so oft mit Jansons aufgeführt hatte. Seidenweich in den Streichern, mit berührend innigen Holzbläser-Soli und zupackend in den kurzen dramatischen Verdichtungen erklang das Andante als nobler Abschiedsgruß.
Auch der Chor des Bayerischen Rundfunks verneigte sich musikalisch vor seinem Chef mit dem von Howard Arman geleiteten vierten Satz aus Alfred Schnittkes „Konzert für Chor“ – einer volltönenden, russischen A-cappella-Bitte. Wie ursprünglich im Programm vorgesehen, widmeten sich Orchester und Dirigent dem dänischen Komponisten Hans Abrahamsen. Seine Orchesterbearbeitung der beiden letzten Sätze aus Hans Werner Henzes „Sonatina 1947“ wurde wie ein schimmernder Schleier sanft ausgebreitet und mündete in eine zarte Traurigkeit.
Im jähen Kontrast dazu forderte Abrahamsens Klavierkonzert „Left, Alone“ Interpreten und Zuhörer gleichermaßen heraus. Alexandre Tharaud stürzte sich in dem für die linke Hand geschriebenen Opus in die wilden Stakkati, Läufe und Akkordfolgen oder tupfte Einzeltöne repetierend in Bass und Diskant. Welser-Möst entfaltete dazu den farbigen Kontext des mit dem Solisten intensiv interagierenden Orchesters. Großer Beifall für Komponist und Interpreten.
Statt Strauss’ „Sinfonia domestica“ gedachten die Musiker des Verstorbenen mit „Tod und Verklärung“. Dabei schürte der uneitle Franz Welser-Möst die dramatischen Aspekte. Es beeindruckten die weiten Aufschwünge und die zarten Holzeinwürfe. Mit Intensität und Hingabe steigerte sich das Orchester in die C-Dur-Apotheose der Verklärung. Danach Stille.