Das Genre Boulevard verjüngt sich: „Rupture à domicile“ von Tristan Petitgirard (Jahrgang 1976), Frankreichs vielfach ausgezeichnetem Talent zwischen Schreiben und Inszenieren, wurde bei der Pariser Uraufführung 2015 von der Presse bejubelt: „unterhaltsam, zynisch, grausam, überraschend, voller Humor – moderner Boulevard!“ Morgen hat „Trennung frei Haus“ (deutsche Übersetzung von Kim Zahra Langner) in der Münchner Komödie im Bayerischen Hof Premiere. Regisseur Bernd Schadewald (Foto: Komödie) hat uns schon mal ein wenig vorbereitet auf diese nicht ganz gewöhnliche Dreiecksgeschichte.
Pauline verließ Eric vor sieben Jahren, ohne jede Erklärung. Jetzt steht er plötzlich vor ihrer Tür, mit einem Strauß Rosen. Was sie zunächst nicht weiß: Eric hat sein Liebes-Debakel zum Geschäft gemacht. Mit seiner Agentur „Trennung frei Haus“ erledigt er die Beziehungs-Aufkündigung seiner Klientel. Auftraggeber ist in diesem Fall Paulines Freund Hyppolite – der sich jedoch kurzfristig anders besinnt und gleich darauf ebenfalls auftaucht.
Bietet das nun beginnende Gefühlsverwirrspiel geeigneten Stoff für Bernd Schadewald? Denn der gebürtige Lübecker und Grimme-Preisträger drehte ab 1986 nach eigenem Drehbuch oder zusammen mit Co-Autoren Fernsehfilme über jugendliche Gewalt, Drogensucht und Fremdenfeindlichkeit; über das Geiseldrama von Gladbeck und, nach einem ebenfalls wahren Fall, den Fernsehfilm „Angst“ über den Rachemord an einem Missbrauchs-Vater. Gesellschaftlich relevante Schwergewichte. Immerhin, Boulevard hin oder her, Petitgirard charakterisiert doch sehr ernsthaft realistisch Paarbeziehungen direkt aus unserer liberalen Zeit. „Das Stück ist ein Sinnbild unserer Gegenwart, unserer Unfähigkeit, miteinander zu reden“, gesteht Bernd Schadewald zu. „Selbst eine Trennung wird geschäftsmäßig delegiert. In den USA soll es diese Form des Schlussmachens tatsächlich schon länger geben. Aber“, insistiert er, „das vorliegende Stück folgt im Kern doch der klassischen Komödientradition.“
Die Besetzung hält für den Zuschauer eine kleine Überraschung parat. Ingo Naujoks und Sven Martinek, hier als Eric und Hyppolite, sind seit 2012 in der TV-Serie „Morden im Norden“ das Ermittler-Duo und in diesen Jahren gute Freunde geworden. Wie kriegt der Regisseur es hin, dass sie kampfbereite Liebes-Kontrahenten sind? Schadewald beruhigt: „Keine Sorge, ich habe mit Ingo Naujoks schon dreimal gearbeitet. Er ist ein Erzkomödiant.“ Darüber hinaus werde der Zuschauer viel Spaß haben, wie Katharina Abt als Pauline und die beiden Kollegen miteinander umgehen. Und welche Figur ist dem Regisseur am nächsten? „In diesem Fall haben alle drei Figuren etwas von einem selbst“, so Schadewald, elegant der direkt an ihn persönlich gerichteten Frage ausweichend.
„Das Stück funktioniert so, dass man die anfänglich negativen Figuren irgendwann versteht und Sympathie für sie empfindet.“ Das klingt ganz so, als ob diese Inszenierung für Schadewald rundum eine schöne Erfahrung war. „Ich habe zu Beginn meiner Laufbahn fürs Theater gearbeitet, bin aber vor allem im Film groß geworden“, sagt er. „Filmen ist anstrengender. Die Tage sind länger, man hat einen Riesenetat, dem man gerecht werden muss, ist also großem Druck ausgesetzt. Dann ist da die Kamera, der Schnitt, ein Heer von Menschen um einen herum, insgesamt eine immens komplexe Team-Leistung.“ Wenn eine Szene abgedreht sei, komme schon die nächste. Im Theater habe man bei sechs Wochen Probenzeit viel mehr Muße, könne ausprobieren, in Ruhe einen Weg suchen.
Aber ist es nicht doch eine große Belastung, wochenlang täglich das Gleiche zu spielen? „Jeden Abend hat man ein anderes Publikum, auf das man reagiert“, hält Schadewald dagegen. „Der Text ist zwar der gleiche. Der Schauspieler hat jedoch die Freiheit, ihn anders zu betonen, sich anders im Raum zu bewegen. Im Theater bleibt ein Stück im Grunde immer lebendig.“ Und was kann der Regisseur noch verraten, ohne uns die Neugier auf das Stück zu nehmen? „Ich habe in den Text eingegriffen, ohne ihn zu verraten. Das Stück endet jedenfalls überraschend anders als im Original.“ Kriegt Eric also seine Pauline, oder kriegt er sie nicht?
Premiere
ist morgen, gespielt wird bis zum 23. Februar;
Karten: 089/29 16 16 33.