Zeichenspur bis nach Fernost

von Redaktion

Die Galerie Karin Sachs zeigt „Mangawelten“

VON MICHAEL SCHLEICHER

Wer an Manga denkt, landet rasch beim Klischee. Große Augen, Wespentaille bei den Frauen, androgyne Männer – die verzerrte Darstellung des Körpers scheint die Comics aus Japan auszuzeichnen wie der Fisch das Sushi.

Natürlich greift das zu kurz. Berrin Jost stellt jetzt ihre „Mangawelten“ in der Galerie Karin Sachs aus – und gibt einen Einblick in eine faszinierende, doch noch immer fremde Welt. Die Künstlerin aus Baden-Württemberg, die seit einigen Jahren in München lebt, hat sich bereits als Jugendliche für die Geschichten aus Fernost begeistert: Ihr Taschengeld hat sie regelmäßig zum Buchhaus Wittwer an der Stuttgarter Königstraße getragen, wo es seinerzeit bereits eine Ecke mit Mangas gab. Damals spielten die japanischen Comics in Deutschland noch kaum eine Rolle.

Die Symbolsprache ist der Schlüssel zum Verständnis von Mangas: riesige Augen, Nasenbluten, fliegende Blüten oder Flammen im Hintergrund eines Panels, eines Einzelbildes. All das gehört zu einem Zeichensystem, in dem sich das Publikum auskennt und das der „Mangaka“, der Erzähler, bedient. In Japan gibt es die in der westlichen Comicszene häufige Trennung zwischen Szenarist und Zeichner übrigens nicht. Zudem richten sich die Bildgeschichten an ganz spezielle Zielgruppen. Shōjo zum Beispiel erzählt Romanzen für Leserinnen zwischen zehn und 18 Jahren; Shōnen-Ai-Mangas thematisieren Beziehungen zwischen Männern für eine weibliche Leserschaft; das Mecha-Genre handelt von Mega-Robotern und richtet sich an Burschen ab zehn.

Jost greift bei ihrer ersten Einzelschau auf dieses Erbe zurück. Krieger, Liebespaare oder mädchenhafte Porträts – die 32-Jährige wählt für ihre kleinformatigen Arbeiten (zwischen 500 und 850 Euro) oft Personal und Szenerien als Ausgangspunkt, die typisch für den Manga sind. Am offensichtlichsten ist das bei einer Serie, in der sie bayerische und japanische Motive furchtlos mixt, etwa einen Kimono um weiß-blaue Rauten ergänzt. Josts Strich ist dabei verspielt, aber genau – egal, ob sie mit Tusche, Aquarell oder digital arbeitet.

Natürlich blickt der Besucher in der Galerie an der Augustenstraße (Karin Sachs hat in ihren Räumen zuletzt die wunderbare Wiener Comic-Zeichnerin Ulli Lust vorgestellt) auch in viele große Augen. An ihnen kann der Manga-Leser übrigens die Gefühlslage der Figuren erkennen: Die ist umso besser, je runder, riesiger und glänzender das Organ dargestellt wird. Geht man danach, herrscht in den „Mangawelten“ super Stimmung.

Bis 29. Februar,

Mi.-Fr. 13-18 Uhr, Sa. 13-16 Uhr, Augustenstraße 48; Telefon 089/201 12 50.

Artikel 9 von 10