Zwillingstricks in Pink

von Redaktion

Das Pilcher-Musical „Wechselspiel der Liebe“ in der Komödie im Bayerischen Hof

VON MALVE GRADINGER

Romane, Verfilmungen und nun sogar eine der vielen Herzgeschichten vertont – Rosamunde Pilcher taugt einfach für alles. Die im vergangenen Jahr mit 94 Jahren verstorbene britische Bestsellerautorin hatte sich noch selbst ein Pilcher-Musical gewünscht. Und jetzt, na klar: eine DIN-A4-sprengende Liste von Gästen aus Theater, Film und Fernsehen bei der von Patrik Fichte humorvoll-leicht inszenierten Uraufführung in der Münchner Komödie im Bayerischen Hof. „Wechselspiel der Liebe“, das ist eine gelungene Pilcher- Hommage, die mit tosendem Applaus gefeiert wurde.

Gleich gewinnend: das lichte Landhaus-Interieur von Hausherr Thomas Pekny. Ins helle Greige für Wände und Sessel schimmern verwischt Rosé-Töne hinein. Vorwiegend weiß und mauvefarben sind Ulrike Schulers Kostüme der Damen. Eine puristisch-moderne Optik mit Augenzwinkern Richtung ältlicher Brit-Vorliebe für Pink. Hier, im schottischen Ardmore House, trifft nun ein Paar ein, mit dem die Autorin geschickt die Lovestory mit einer Spur Krimi-Spannung aufmischt.

Um dem angeblich schwer kranken Familienoberhaupt Tuppy eine Freude zu bereiten, will Enkel Anthony seiner Granny mit der von ihr besonders geschätzten Rose, die immer noch glücklich Verlobten vorspielen. Rose ist jedoch gerade mit neuem Lover nach Griechenland abgeflattert. Wie der Zufall respektive Pilcher es will, kann Anthony ihre plötzlich aufgetauchte Zwillingsschwester Flora überreden, für den Landhausbesuch sich als Rose auszugeben. Und da gibt’s für Flora doch jede Menge unerwarteter Klippen.

Man muss nicht alle 150 ZDF-Verfilmungen ihrer Romane gesehen haben, um zu erkennen: Hinziselierte Handlungsstruktur und Überraschungseffekte, das ist auch hier solides Pilcher-Handwerk. Allein dieser raffinierte Zwillingstrick! Da die Mädchen nach der elterlichen Scheidung schon als Babys getrennt, also zwischen Mutter und Vater aufgeteilt wurden, hat Flora keine Ahnung vom leichtlebigen Schwesterherz. Navina Heyne, attraktiv in ihrer Geradeaus-Flora, ist mit zeitgenössisch unverkünstelter Spielart und gut sitzender Musicalstimme der Atem dieser Inszenierung. Aber Regisseur Patrik Fichte, als Dorfarzt Hugh Kyle mit auf der Bühne, hat auch sonst sehr fein die ureigenen Qualitäten seiner Schauspieler/Sänger freigelassen.

Großartig und „very british“ Viktoria Brams als noch sehr rüstige Tuppy. Musical-Star Angelika Milster lässt ihre Rolle als Tuppys Tochter Isobel dezent erst allmählich in Stimme und weiblich geschwungenen Rundungen explodieren. Dank Bettina Fritsche gehen Schauspiel und Bewegungschoreografie unauffällig harmonisch ineinander über.

Obwohl die Damen in diesem Pilcher-Stück den Ton angeben, so sind Manfred Stecher als Anthony und Dirk Bender als old fashioned Butler Watty durchaus Sympathieträger. Und dann ist es ja auch ein Herren-Trio, das dieses Musical auf den Weg gebracht hat. Hut ab vor Autor Claus Beling, dem ehemaligen ZDF-Unterhaltungschef und Erfinder der Pilcher-Sammlung mit über 150 Filmen. Beling hat den 400-Seiten-Roman auf ein schlüssiges Libretto gekürzt. Richard Blackford, klassischer Komponist, aber auch langjährig für Pilcher-Filmmusik verantwortlich, hat sich, unterstützt vom Londoner Arrangeur Glenn Keiles, mit Verve in den Musical-Sound gestürzt. Es passt! Ein Musical in so einem kleinen Haus wie der Komödie, das ist nicht so leicht technisch einzurichten. Da wird auch mal ein Regler zu spät aufgezogen. Bagatelle. Das wird sich einspielen. Und wem die zweieinhalb Stunden zu lang sind, dem sei einfach mal Entschleunigung angeraten.

Weitere Vorstellungen

bis 19. April; Telefon 089/29 16 16 33.

Artikel 4 von 7