William Hurt ist ein stiller Star. Schon in seiner Glanzzeit in Hollywood war er kein Mann großer Worte. „Ich habe das nicht erwartet, ich weiß nicht, was ich sagen soll“, stotterte er 1986 auf der Oscar-Bühne. Damals 36 Jahre alt, hielt er den Filmpreis als bester Hauptdarsteller in der Hand. Den ersten und bisher einzigen Oscar seiner langen Karriere gewann er für die Darstellung des homosexuellen Häftlings Luis Molina in „Kuss der Spinnenfrau“, der mit einem politischen Gefangenen (Raúl Juliá) während der Militärdiktatur in einem südamerikanischen Knast sitzt. Hurt dankte damals den „mutigen Menschen“ in Brasilien, die den Film möglich gemacht hatten, und fügte noch hinzu: „Ich bin sehr stolz, ein Schauspieler zu sein.“
Das war Hurts Moment im Oscar-Rampenlicht. Doch der Charakterdarsteller, der heute 70 Jahre alt wird, war zu dieser Zeit längst gefragt in Hollywood. Er hatte den Thriller „Heißblütig – Kaltblütig“ (1981) mit Kathleen Turner und „Der große Frust“ (1983) gedreht, beide unter der Regie von Lawrence Kasdan. In „Gottes vergessene Kinder“ glänzte Hurt als Lehrer an einer Schule für Hörgeschädigte. An der Seite von Holly Hunter brillierte er in der Mediensatire „Nachrichtenfieber“, wieder hatte er Oscar-Chancen.
Mit fast 70 Produktionen zählt Hurt zu Hollywoods fleißigsten und vielseitigsten Schauspielern, heute ist der Außenseiter aber meist auf Nebenrollen festgelegt. Sein Part im Verbrecherdrama „A History of Violence“ an der Seite von Viggo Mortensen brachte ihm 2006 seine vierte Oscar-Nominierung ein. Hurt wird inzwischen oft als Anwalt, Politiker oder Intellektueller besetzt. Doch das Blockbuster-Publikum liebt ihn auch in der Rolle des Generals Thaddeus Ross, den er in Marvel-Filmen wie „Der unglaubliche Hulk“ und „Avengers: Endgame“ spielte. An der Seite von Scarlett Johansson als „Black Widow“ kehrt Hurt demnächst als Ross auf die Leinwand zurück.
Der Schauspieler wurde als Diplomatensohn in Washington geboren, sein Vater arbeitete im Außenministerium. Schon in der Schule spielte er Theater, später studierte er an der renommierten Juilliard School, wo Christopher Reeve (1952-2004) und Robin Williams (1951-2014) seine engen Freunde wurden.
Sein Hollywood-Debüt gab Hurt erst im Alter von 30 Jahren in dem Science-Fiction-Thriller „Der Höllentrip“ – im Drogen-Selbstversuch verwandelt sich seine Figur, ein Wissenschaftler, in einen Urmenschen. Klingt schräg, doch Hurt wurde mit einer Nominierung als bester Nachwuchsdarsteller bei den Golden Globes belohnt.