Das kleine, alles miteinander verbindende Wörtchen „und“ im Titel scheint dem französischen Autor Eric-Emmanuel Schmitt wichtig zu sein. Nach „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ sowie „Oskar und die Dame in Rosa“ folgt jetzt „Felix und die Quelle des Lebens“. Noch etwas behält Schmitt bei: Er schildert das Leben mit all seinen Brüchen, Höhen, Tiefen und Skurrilitäten aus der einfachen, unverkopften Sicht eines Kindes.
Felix heißt sein zwölfjähriger Held, der mit seiner afrikanischen Mutter Fatou in Paris aufwächst. Ihr Lebensmittelpunkt ist das kleine Café Fatous, das als Treffpunkt all der gescheiterten Seelen und Außenseiter ihres Viertels dient: Die hässliche Madame Simone, die als Mann geboren wurde, der Kneipenphilosoph Sophronides und der schüchterne Larousse, der das Wörterbuch auswendig lernt, sind Heimat und Familie für Felix.
Als Fatou jedoch nach einem Streit mit der Stadtverwaltung in eine tiefe Depression verfällt, sie jede bis dahin so prägende Lebenslust verliert und – von Schmitt liebevoll und zugleich drastisch geschildert – zu einer Art Zombie wird, bricht Felix’ heile Welt zusammen. Weder der plötzlich auftauchende angebliche Onkel aus dem Senegal, noch diverse geldgierige Scharlatane können Fatou zurück ins Leben holen. Erst eine Reise nach Afrika zu ihren Wurzeln, begleitet von Felix und seinem ihm bisher unbekannten Vater, weckt neue Hoffnung.
Schmitt wäre nicht Schmitt, wenn er diese Geschichte über die Rückkehr zu der Quelle des Lebens platt in esoterischen Heile-Welt-Kitsch abrutschen lassen würde. Mit seinem ganz speziellen Humor und der kindlichen Sicht auf das Leben gelingt es ihm, Spiritualität mit Witz und Tragik mit Komik zu verbinden. Wenn Felix seinen Vater, der mit Nachnamen Saint-Esprit heißt, den „heiligen Geist“ nennt, und eine schüchterne Stammkundin im Café Männer um sich scharrt, indem sie ihren Hund mit dem Namen „Monsieur“ zu sich ruft, lässt Schmitt den Leser schmunzelnd eintauchen in seine so leicht erzählte Welt voller schräger, liebenswerter Gestalten, denen man tief in die Seelen blicken kann.
Komplexe, manchmal gar gegensätzliche Themen wie Vergangenheit und Gegenwart, Körper und Geist, Fantasie und Rationalität verknüpft Schmitt so gezielt nebenbei, wie er auch das Wörtchen „und“ im Titel benutzt. Dadurch eröffnet er dem Leser ein weiteres Mal ganz neue Perspektiven für den Blick auf das eigene Leben. Leider bekommt er bei dem sehr schnell erzählten, vorhersehbaren Ende nicht mehr ganz die Kurve. Hier überwiegt dann doch das Märchenhafte, und der Wunsch nach Harmonie hat ein wenig den Beigeschmack von rosa Zuckerwatte. Das Vergnügen an dem Roman schmälert das aber nur wenig. Vielleicht, weil man als Leser nach so viel genüsslicher Lebensweisheit sowieso tiefenentspannt ist.
Eric-Emmanuel Schmitt:
„Felix und die Quelle des Lebens“. Aus dem Französischen von Michael von Killisch-Horn. Bertelsmann, München, 224 Seiten; 20 Euro.