Markgräfin Wilhelmine wäre entzückt gewesen. Endlich bietet „ihr“ Bayreuther Opernhaus, eines der weltweit schönsten Barocktheater, wieder eine Bühne für die Oper aus jener Zeit. Verantwortlich für das „Bayreuth Baroque“ ist Countertenor Max Emanuel Cencic. Mit seiner Produktionsfirma hat er schon Inszenierungen und CDs realisiert. In Bayreuth bietet er zwei Opern sowie Konzerte, zu denen sich Stars wie Joyce DiDonato und Jordi Savall angesagt haben. Wenn alles gut geht, soll das Festspiel vom 3. bis 13. September stattfinden.
Wie alt ist Ihr Festival-Plan?
Vor zwei Jahren, als das Markgräfliche Opernhaus wiedereröffnet wurde, kam ich ins Gespräch mit den Stadtpolitikern. Daraufhin stellte ich dort mein Projekt vor, das in der Bayreuther Plenarsitzung eine sehr große Mehrheit fand – trotz dieser eher ungewöhnlichen Pläne.
Katharina Wagner, die dort nach der Eröffnung ein Opernprojekt realisieren wollte, klagte, dass die Denkmalhüter das Haus nur als Museum betrachten und einen Spielbetrieb verhindern würden.
Aufgabe der Bayerischen Schlösserverwaltung ist es, Monumente von solcher Wichtigkeit zu schützen. Ich habe daher volles Verständnis, wenn man auch um dieses Opernhaus bangt. Für einen normalen Spielbetrieb ist es nicht geeignet. Wir sind mit unserem Festival eben Gäste in einem Museum, und das für zwei Wochen im Jahr mit allen Denkmalschutz-Richtlinien. Das heißt, wir produzieren alles extern. Normalerweise baut man eine Produktion sieben Tage lang auf, wir werden das in drei, vier Tagen schaffen.
Sie zeigen zwei Opern und ein halbes Dutzend Konzerte. Nicht wenig…
Wir wollen etwas Ambitioniertes auf die Bühne stellen. Es ist nicht wenig Geld im Spiel, und dafür möchten wir das Maximum bieten. Das Ziel ist ein internationales Festival mit einem internationalen Format. Mezzo TV überträgt, 60 Millionen Haushalte können also unsere Opernproduktion mitverfolgen. Und all dies musste in kurzer Zeit auf die Beine gestellt werden. Erst im vergangenen Herbst bekamen wir grünes Licht von den Subventionsgebern, von der Oberfrankenstiftung, vom Bayerischen Kunstministerium und von der Stadt Bayreuth. Innerhalb von vier Wochen wurden 60 Prozent der Karten verkauft. Was die Opern betrifft, sind wir quasi ausverkauft.
Wer ist der typische Besucher von „Bayreuth Baroque“?
Es handelt sich zum großen Teil um das internationale Kulturreisen-Publikum. Das war ja auch der Sinn der Sache: In Bayreuth entsteht ein zweites internationales Festival, das geschichtlich gesehen von enormer Wichtigkeit ist für die Stadt – und mit dem sie auch über die Umwegrentabilität zusätzliche Einnahmen generiert. Abgesehen von Richard Wagner hat Bayreuth eine unglaublich reiche Musikgeschichte. Bereits zu Zeiten von Markgraf Georg Friedrich gab es an der Stelle des jetzigen Barocktheaters ein Redoutenhaus, in dem über 70 Opern gespielt wurden. Durch die Eröffnung des Markgräflichen Opernhauses 1748 kam es dann zu einer Apotheose der Opera seria, wie man sie weltweit kaum mehr fand. Wir bieten nun die Möglichkeit, dass dieses Museum wieder zum Leben erweckt wird.
Soll es bei der aktuellen Ausdehnung bleiben, was die Anzahl der Aufführungen und die der Tage betrifft?
Von unserem Budget her können wir nicht über zwei Wochen hinausgehen. Wobei wir natürlich auf zusätzliche Sponsoren hoffen. Die allerdings interessieren sich meistens erst dann für ein Projekt, wenn es neben dem kommerziellen auch einen öffentlichen Erfolg hat. Der Sponsor möchte ja gern mit der Marke assoziiert werden. Wir haben einen Etat von 1,5 Millionen Euro. Der Kartenverkauf macht gut ein Drittel aus, das übrige Geld kommt von den Subventionsgebern. Wir übertragen auch live in ein Bayreuther Kino für lokale Kulturliebhaber.
Woher kommt diese Intendantentätigkeit? War Ihnen die reine Sänger-Existenz zu wenig?
Das ist schon seit 20 Jahren so. Ich war immer ein Freigeist. Das Solisten-Dasein habe ich ja schon als Kind bei den Wiener Sängerknaben erlebt, auf Dauer wäre mir das zu langweilig gewesen. Als ich mit 20, 22 wieder auftrat, sagte ich mir: Wenn du weitermachst, musst du irgendwann eigene Projekte organisieren – mit denen ich mich voll und ganz verwirklichen kann.
Gehört diese Haltung irgendwie zur Alte-Musik-Szene dazu? Weil sich Verdi- und Wagner-Sänger viel mehr in ein System fügen müssen?
Das kann gut sein. Allerdings gibt es Kollegen, die allein mit ihrem Sänger-Dasein vollauf zufrieden sind und eine umfassende Freiheit gar nicht brauchen. Mir geht es dabei auch gar nicht um eine grundsätzliche Strukturkritik: Egal, wie viele Freiheiten man sich nimmt – man muss sich ja immer mit der Opernszene arrangieren.
Sie arbeiten in Ihren Produktionen ständig mit Fachkollegen zusammen. Gibt es keine Rivalitäten oder Divo-Kämpfe?
Ich habe das noch nie erlebt. Ich glaube, dass Opernsänger heute generell etwas anders gestrickt sind. Dieses Klischee vom Diven-Getue ist doch eine eher romantische Vorstellungen. Machtspiele gibt es vielleicht, aber die eher auf Agenten- und Intendanten-Ebene. Sänger sind hier nur Spielbälle. Die größten Diven sitzen in den Direktionsetagen – und behaupten dann, Sänger seien so.
Das Gespräch führte Markus Thiel.
Informationen
zum Spielplan und Verkauf
unter bayreuthbaroque.de.