Witz und Wehmut

von Redaktion

Hans Well und die Wellbappn blicken satirisch auf Corona- und Klima-Krise

VON KATRIN BASARAN

Da sind sie also alle wieder beisammen: Vor vier Wochen etwa, als es losging mit der Corona-Ausgangsbeschränkung, zogen bei Musik-Kabarettist Hans Well und seiner Ehefrau Sabeeka Gangjee die drei Kinder wieder ein. Die Wellbappn alle unter einem Dach. Aber Sarah (28), Tabea (27) und Jonas (23) kamen nicht allein, sie brachten ihre Lebensgefährten mit. Zu acht wohnen sie derzeit in dem 400 Jahre alten, denkmalgeschützten Haus in Türkenfeld, das Well 1989 aufwendig restauriert hatte.

Es bietet Platz und hat einen Garten: „Da kann man sich auch mal gut aus dem Weg gehen“, sagt der 66-Jährige und lacht. „Das trägt erheblich zur Harmonisierung des Familienlebens bei.“ Viel Zeit ist ja, denn sämtliche Auftritte, die meisten ausverkauft, sind abgesagt oder verschoben. Doch in einem Musikerhaushalt muss die Kreativität einfach raus. Proben, schön und gut, aber Instrumente erzeugen naturgemäß Geräusche. Da kam Hans Well, der ohnehin viel daheim an seinen Texten tüftelt, die Idee zu einem Song übers unfreiwillige Daheimbleiben samt nervenzerrendem Homeoffice: „Dahoam“.

Ganz nebenbei entstand dazu ein skurriles Video, das auf  Youtube bereits viele Fans gewonnen hat. Zu sehen sind Hans Well und seine Wellbappn, also die Kinder, wie sie frustriert das Wirtshaus verlassen müssen – „sonst holt uns d’ Polizei“ – sowie beim gemeinsamen, langweiligen Kartoffelschälen. Genauso unerquicklich ist das tägliche Fernsehprogramm: „Des hält koa Sau mehr aus, aus jedem Kanal do schaut der Markus Söder raus“. Schließlich sieht man Vater Well am Schreibtisch, wie er nacheinander als Lärmopfer von den drei Instrumente spielenden Zöglingen traktiert wird. Das schreit nach Ärger. Das Ganze gipfelt in einer bizarren Szene, in der die Familie um Dackel Fiffi trauert. Der musste dran glauben, weil es „gibt nix mehr zum Essen“. Gleiches droht dem Familienkater, Vater Well wetzt schon die Messer. Doch am Ende die Botschaft: „Pratzn“ waschen, Nießetikette beachten und, bittschön, „seids reinlich!“ Schräg und mit diesem guten Schuss Boshaftigkeit behaftet, den man bei Well und den Wellbappn so liebt.

Doch Spaß beiseite, wie verbringen Sie denn sonst die viele Zeit, Herr Well? „Wir arbeiten an einem neuen Programm, mit dem wir hoffentlich nächstes Jahr ab März oder April wieder auftreten können. Früher wird’s wohl nix, da sind wir Realisten.“ Ansonsten wird diszipliniert geprobt und ab und zu ein Video für Youtube oder Facebook produziert. Einen Antrag auf staatliche Unterstützung für die vielen Verdienstausfälle hat der 66-Jährige nicht gestellt: „Ich habe mit den Biermösl Blosn gut verdient und komme über die Runden.“ Finanzielle Hilfe bräuchten aber die weniger etablierten Kleinkünstler, die Bühnentechniker, denen das „Wasser bis zum Hals steht“. Da seinerseits in den Topf zu greifen, „fände ich unmoralisch“.

Well fährt aber auch mit seinem alten Traktor in den Wald. Dort hat er 300 Bäumchen angepflanzt: „Die muss ich gießen.“ Denn was den Künstler neben Corona – „Ich glaube, die Politik hat da zu spät reagiert; das Robert-Koch-Institut hatte bereits 2013 die Rückstellung von Schutzmasken und Beatmungsgeräten gegen eine Pandemie gefordert“ – umtreibt, ist der Klimawandel: „Das ist jetzt das vierte Jahr in Folge, in dem es im März/April nicht regnet. Unsere Bäume, die Wälder, die Felder verdorren, und nix passiert! Gegen Corona wird es irgendwann einen Impfstoff geben. Aber beim Klima hören Politiker nach wie vor nicht auf die Wissenschaftler.“ Dabei werde der Schaden, der dadurch verursacht wird, viel größer sein. „Eine Ökonomie hin zur Ökologie wäre wichtig.“ Einen Neustart zur Abwehr einer irreversiblen Klimakatastrophe – jetzt wäre der richtige Zeitpunkt.

Information:

„Dahoam“ samt Video steht auf www.youtube.de.

Artikel 5 von 7