„Asterix: Tempus fugit“ deckt „wahre Mythen und falsche Fakten“ der Comic-Reihe auf

von Redaktion

Asterix-Fans müssen jetzt sehr stark sein. Denn René Goscinny und Albert Uderzo haben geschwindelt. Zumindest manchmal. Der Historiker und Latein-Experte Bernard-Pierre Molin beweist im ebenso unterhaltsamen wie lehrreichen Buch „Asterix: Tempus fugit“, dass die Gallier gar keine Wildschweine gefuttert haben, dass das Verhauen von Barden tabu war und dass sich gallische Häuptlinge nicht auf Schilden herumtragen ließen. Und falls es Obelix wirklich gab, war er garantiert kein Hinkelsteinfabrikant. Denn die berühmten Menhire stammen aus der Jungsteinzeit. Die Gallier konnten mit den riesigen Steingebilden, die in der Landschaft herumstanden, wenig anfangen.

Auf 160 Seiten arbeitet sich Molin mit viel Augenzwinkern durch sechs Jahrzehnte „Asterix“ – und erklärt, wo Goscinny und Uderzo Recht hatten und wo sie sich von ihrer Fantasie beflügeln ließen. Zum Beispiel die Wildschweine: Als Viehzüchter waren die Gallier nicht darauf angewiesen, jagen zu gehen. Dagegen galt das „Singularis Porcus“ bei den Römern als Delikatesse – wenn das Obelix hört! Barde Troubadix hätte im echten Gallien keinen Ärger mit Dorfschmied Automatix bekommen. Denn die Barden standen unter dem Schutz der Götter. Und Latein sprach in Gallien zur Zeit von Asterix kaum jemand, man verständigte sich mit einem keltischen Dialekt. Von wegen „Alea iacta est“.

Was aber nicht bedeutet, dass sich die beiden „Asterix“-Papas nur durchs Altertum geschwindelt haben. Vieles, was sie uns erzählt haben, stimmt. Die Gallier waren tatsächlich langhaarig und trugen Schnurrbärte. Ihre Druiden trafen sich, wie beschrieben, alljährlich im Karnutenwald, und sie schnitten mit goldenen Sicheln heilsame Misteln. Und es gab tatsächlich Piraten, die die Meere unsicher machten. Die Römer duldeten diese, weil sie die Versorgung mit Sklaven sicherten. Apropos Römer: Ihre Orgien waren auch in Wirklichkeit legendär. Bei einer besonders dekadenten Sause ließ der Koch den Bauch eines gebratenen Wildschweins aufschneiden – aus dem dann lebendige Drosseln flogen. Das hätte auch Obelix gefallen. Dem Leser gefällt, dass das Buch seinem Titel „Tempus fugit“ alle Ehre macht. Denn beim Lesen vergeht die Zeit wie im Flug. JÖRG HEINRICH

Bernard-Pierre Molin: „Asterix: Tempus fugit. Wahre Mythen und falsche Fakten“. Aus dem Französischen von Klaus Jöken. Egmont Comic Collection, Berlin, 160 Seiten; 15 Euro.

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