Corona-Gefangenenchor

von Redaktion

Selige Zuhörer beim von Kathrin Feldmann konzipierten Konzert

VON TOBIAS HELL

Musik kommt aktuell meist nur noch aus der Konserve. Doch nachdem andere Bereiche des öffentlichen Lebens mittlerweile wieder vorsichtig hochfahren, sollte man sich ebenfalls Gedanken machen, wie es im Kulturbereich weitergehen könnte. Denn künstlerisch tätige Freiberufler einfach Richtung Hartz IV zu verweisen, wie es einzelne Politiker jüngst auf herablassende Weise getan haben, kann keine Lösung sein. Sicher, auf Mahlers Achte und große Oper werden wir noch eine Weile verzichten müssen. Mit etwas Kreativität ließe sich aber in reduziertem Rahmen womöglich doch vieles verwirklichen.

Dies versucht die Münchner Sängerin Kathrin Feldmann zu beweisen, die am Freitag bereits zum zweiten Mal ein kleines Open-Air-Konzert  auf dem Odeonsplatz realisierte. Streng nach den Auflagen des Kreisverwaltungsreferats und mit dem nötigen Sicherheitsabstand zwischen den Menschen: sowohl diesseits als auch jenseits der rot-weißen Absperrbänder. Das Publikum zeigte sich dabei ähnlich entspannt wie die Polizei, die anfangs noch mit mehreren Wagen präsent war, aber bald schon beruhigt von dannen zog und das Konzert nur noch in Minimalbesetzung beobachtete.

Die Zuhörerinnen und Zuhörer, die der knapp einstündigen Darbietung folgten, verhielten sich vorbildlich. Wie kulturell ausgehungert man in der „neuen Normalität“ tatsächlich ist, wurde vielen wohl wirklich erst dann in vollem Ausmaß bewusst, als nach dem Trommler-Ensemble „Münchner Ruhestörung“ eine Handvoll Sängerinnen zu Verdis Gefangenenchor aus „Nabucco“, „What a wonderful World“ oder „Amazing Grace“ ansetzte. Egal, dass man zuvor nicht proben konnte und auf Distanz die Einsätze manchmal etwas wackelten. Auch so wurde von der selig lächelnden Zuhörerschaft die eine oder andere Träne verdrückt, und bei „Thank you for the Music“ von Abba sogar mitgesungen. Musik muss nicht perfekt sein, zumindest nicht, wenn sie von Herzen kommt. So wie bei Feldmanns Kolleginnen und Kollegen, die mit dieser Aktion auf ihre prekäre Lage aufmerksam machen und Zukunftsperspektiven fordern.

Daher wäre es schön, wenn sich jetzt die Schlösserverwaltung von dieser positiven Energie anstecken lassen würde und die Feldherrenhalle, die bislang der großen „Klassik am Odeonsplatz“ vorbehalten ist, als Bühne freigäbe. Dann stünde der von den Passanten lautstark begehrten Zugabe nichts mehr im Weg.

Ausgehungert nach Kunst weinte manch einer

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