Montfermeil ist eine trostlose Plattenbausiedlung, 20 Kilometer entfernt von Paris, und doch in der bedrückenden Perspektivlosigkeit Lichtjahre von der strahlenden Hauptstadt Frankreichs entfernt. Dennoch kam der Ort bereits zu literarischen Ehren, und zwar durch Victor Hugo, der in seinem Roman „Les Misérables“ dort den Ex-Sträfling Jean Valjean wieder Fuß fassen lässt. Genau dort siedelte auch der Filmemacher Ladj Ly seinen aufrüttelnden Spielfilm über die modernen Banlieues an. Mühsam halten die patrouillierenden Polizisten in Montfermeil das Gesetz und ein scheinbares Kräftegleichgewicht aufrecht. Tatsächlich wird das Viertel längst von den ortsansässigen Clans regiert. Es braucht nicht viel Kraft von außen, um diese hochexplosive Mischung zu zünden. In Cannes gab es für den durch die hautnah an den Figuren klebende Kamera von Julien Poupard sehr dokumentarisch anmutenden Film im vergangenen Jahr zu Recht den Großen Preis der Jury. ulf