Postkarten für Kenner

von Redaktion

„Film Stills“ versammelt Standbilder aus Rainer Werner Fassbinders Werken und noch viel mehr

VON KATRIN HILDEBRAND

Schön schräg und schön deutlich. Das gilt für Rainer Werner Fassbinder ebenso wie für die Zeilen, die John Waters über seinen Regiekollegen schreibt. Da finden sich Worte wie „Heteromacker“ und „sabbert“, „genial pervers“, „sklavische Jünger“, „SM-Lederszene“, „in der Hölle braten“, aber auch „schlaue, begabte Frauen“ und „Freud“. Kurzum – der Text des US-amerikanischen Filmkünstlers richtet sich nicht an das dünkelhafte Bürgertum. Gut so. Waters’ Text, der zu Beginn des Bands „R. W. Fassbinder – Film Stills“ steht, ruft in seiner zarten Drastik bereits im Geiste herrliche Fassbinder-Bilder hervor, etwa eine Sequenz, die er zum Episodenfilm „Deutschland im Herbst“ beisteuerte und die auch Eingang ins Buch fand.

Da sitzt nämlich er splitternackt am Telefon, unterhält sich über die Stammheim-Tode, greift sich ans Bein und ans Gemächt und wirkt dabei weder anzüglich noch übergriffig, sondern wie ein dahingeworfener, beschädigter und verletzlicher Mensch.

Herausgegeben wurden die „Film Stills“ von der Cutterin Juliane Lorenz, die mit dem Regisseur auch liiert war und heute die Fassbinder Foundation leitet, sowie von Verleger Lothar Schirmer. Den Großteil des Buchs machen denn auch wirklich Standbilder aus Fassbinders Filmen aus. Texte haben neben Waters noch Peter Handke und Filmwissenschaftler Hans Helmut Prinzler beigesteuert. Der Rest: Bilder, Bilder, Bilder – eines auf jeder Seite, chronologisch nach Jahren und selbstverständlich nach Werken geordnet.

Wer sich schon manchmal über die Statik vieler Fassbinder-Filme geärgert hat, das Aneinanderreihen von Szenen ohne Fluss, das Komponieren von Situationen und Beziehungen, erkennt hier plötzlich den Vorteil des eher Theatralen: Es ergibt wunderbare Standbilder. Man könnte sie als Postkarten verkaufen. Aufgenommen wurden sie etwa von Michael Ballhaus, Dietrich Lohmann und Xaver Schwarzenberger.

Die drei wichtigsten Kameramänner im Leben des Filmemachers finden denn auch einen kleinen Platz in Prinzlers Erklärteil „26 Gedanken zu Rainer Werner Fassbinder“, der immerhin einen groben Überblick auch für Neulinge gibt. Ansonsten richtet sich der Band eher an Fans und Kenner.

Juliane Lorenz/ Lothar Schirmer (Hg.):

„R. W. Fassbinder. Film Stills“. Schirmer/Mosel, München, 240 Seiten; 24,80 Euro.

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