Vielseitigkeit wird von den Solistinnen und Solisten des Gärtnerplatztheaters von jeher verlangt. Sollen sie sich im abwechslungsreichen Spielplan doch bei Mozart und Verdi ebenso behaupten wie bei der leichten Muse. Dass dies keineswegs nur ein vollmundiges Versprechen ist, stellte das Ensemble jetzt bei der langsamen Wiederaufnahme des Spielbetriebs gleich mehrfach eindrucksvoll unter Beweis (wir berichteten). Am Samstag ließ man auf den Geburtstagsgruß für Franz Lehár und die kleine, aber feine Operngala noch ein bunt gemischtes Musical-Programm unter dem Titel „Being alive“ folgen, das neben den erwartbaren Dauerbrennern auch Entdeckungen parat hielt. Denn von den 14 vorgestellten Stücken hatten es in der Vergangenheit gerade einmal vier ins reguläre Repertoire des Hauses geschafft. Aber wer weiß, ob hier nicht eventuell schon der eine oder andere Hinweis auf künftig Geplantes versteckt war?
Die Ausschnitte aus „The Producers“ oder „Avenue Q“ würden beispielsweise definitiv Lust auf mehr machen. Letzteres aber bitte mit den Originalpuppen und nicht mit der albtraumerregenden Monstrosität, die Christian Schleinzer hier zu bedienen hatte. Neben solchen komödiantischen Einlagen gab es natürlich auch Romantisches zum Schwelgen. So etwa von Maximilian Mayer, der bei einem kleinen „West Side Story“-Block seine „Maria“ besingen durfte und bei „One Hand, One Heart“ in Jennifer O’Loughlin eine Partnerin hatte, die sich der überschwänglichen Liebesbekundung mehr als würdig erwies. Sie bot an diesem Abend zusätzlich noch eine wunderbar feinfühlige Interpretation von „Somewhere over the Rainbow“. Aufhorchen ließ ebenfalls Christoph Seidl, der sich mit voluminösem Bass Rodgers & Hammersteins „South Pacific“ widmete und souverän in die Fußstapfen des legendären Don-Giovanni-Interpreten Ezio Pinza trat, der damit einst sein Broadway-Debüt gegeben hatte. Auf eine komplette Aufführung dieses Klassikers wagt man fast nicht zu hoffen. Aber mit einem Duo wie Dagmar Hellberg und Erwin Windegger im Ensemble könnte zumindest „Hello Dolly“ gerne in den Spielplan zurückkehren. Wobei Hellberg das funkensprühende „Leb wohl, Liebling“ später bei der Kostprobe aus dem „Kleinen Horrorladen“ zu toppen vermochte, wo sie als fleischfressende Pflanze Christian Schleinzers schüchternem Seymour das Leben schwer machte – und dem Publikum viel Spaß bereitete.
Wie bei den anderen Programmen des Notfall-Spielplans gingen auch diese 60 Minuten leider viel zu schnell vorbei. Aber dennoch überwog die Freude, dass nun zumindest in kleinem Format wieder gespielt werden kann. Verbunden mit dem frommen Wunsch, dass die erarbeiteten Hygienekonzepte der Münchner Theater für größere Projekte endlich bei den politischen Entscheidungsträgern Gehör finden mögen. Bis dahin sollte man sich aber nicht allzu viel Zeit lassen, wenn morgen der nächste Schwung Karten für die anstehenden Juli-Termine des Gärtnerplatztheaters in den Vorverkauf geht.
Nächste Vorstellungen
am 24., 27., 30. Juni sowie am 3. Juli; Telefon 089/21 85 19 60.