Tierisch was los

von Redaktion

Das Münchner Residenztheater stellt seine Pläne für die Spielzeit 2020/21 vor

VON MICHAEL SCHLEICHER

Es braucht – einmal mehr – eine Frau zur Rettung. Und was für eine! Lola Montez sei die „Demarkationslinie“, sagt Andreas Beck bei der Vorstellung seines zweiten Münchner Spielplans. Die Geliebte König Ludwigs I. soll an Silvester das Residenztheater erobern, in einer konzertanten Vorpremiere. Danach, so hofft der Intendant des Staatsschauspiels, „können wir ab dem nächsten Kalenderjahr mit normalem Zuschauerbetrieb spielen“.

Eigentlich hätte die „abenteuerliche Oper“, wie Georg Ringsgwandls Montez-Hommage angekündigt wird, im April uraufgeführt werden sollen. Dann kam das Virus, seitdem ist eh alles anders. Die unsichere Gesundheitslage wirkt sich auch auf die neue Saison aus: Neben den üblichen Abstands- und Hygieneregeln reagiert Beck in mehreren Punkten auf Corona. Etwa gibt es nur für die erste Spielzeit-Hälfte Premierendaten (siehe Kasten); die Termine für 2021 werden konkretisiert, wenn die Situation einigermaßen einschätzbar ist. Und da keiner vorhersagen kann, wie das Virus im Herbst das Leben einschränkt, wird es zunächst keine Abos geben – eine „Ich seh’ Sie im Resi“-Karte soll jedoch einige Vorzüge garantieren. Das Cuvilliéstheater wird aufgrund der Enge heuer nicht mehr bespielt, im Marstall nimmt künftig das Publikum auf der Bühne Platz – und auf den Zuschauerbänken wird Theater gemacht. So passen mehr Leute rein. Zudem gibt es wohl montags bis mittwochs keine Vorstellungen, um ausreichend Zeit für Proben und Aufbauarbeiten unter den Corona-Regeln zu haben. Für die Wochenenden denkt Beck dagegen über Doppelvorstellungen nach.

Auch inhaltlich reagieren der Intendant und sein Team auf die derzeitige Situation. Geleitet sei der Spielplan von der Frage „Wie sehr gehen wir in Ausnahmesituationen auf den anderen ein?“, erklärt Beck. Zum Auftakt der Spielzeit inszeniert Ulrich Rasche „Das Erdbeben in Chili“ nach Heinrich von Kleists Novelle. Der Regisseur, der für sein mächtiges Maschinentheater bekannt ist (in München: „Die Räuber“, „Elektra“, „Woyzeck“), wird auf Mechanik verzichten und auf einer fast leeren Bühne arbeiten; seine wie auch alle anderen Produktionen werden (vorerst) ohne Pause gespielt.

Zudem hat Beck den Autor Roland Schimmelpfennig mit einem Stück zur aktuellen Lage beauftragt: „Der Kreis um die Sonne“ zeichnet das Bild einer Gesellschaft, die aufgrund einer Pandemie zum Stillstand kommt. Hausregisseurin Nora Schlocker richtet die Uraufführung ein. Mit dem „Hamlet“, inszeniert von Robert Borgmann, habe man nicht nur die „Mona Lisa der dramatischen Literatur“ im Spielplan, erläutert der Intendant. Shakespeares Drama reflektiere außerdem über die „Zeitläufte im Angesicht der Katastrophe“.

Klar also, dass Corona und die Regeln, die helfen sollen, die Krankheit einzudämmen, den Betrieb dominieren. Doch Andreas Beck will nicht einfach nur mit Abstand spielen – egal, wie das Ergebnis aussieht. „Wir sind wirklich bemüht, Kunst zu machen, und hoffen, dass es uns gelingt“, sagt er. „Theater ist aber auch ein Ort, an dem man scheitern soll, kann, darf. Wir sind am Suchen.“

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