„Wir kommen durch“

von Redaktion

Tilman Dost, neuer Intendant der Münchner Symphoniker, über die Lage seines Ensembles

„Wir sind eine kleine, aber feine Truppe“, meint Tilman Dost schmunzelnd. Seit dem 1. Juli ist der 47-Jährige neuer Geschäftsführender Intendant der Münchner Symphoniker. Der gebürtige Bonner hat nach seinem Violinstudium an der Musikhochschule Köln Kulturmanagement an der Fern-Uni Hagen studiert und war nach Stationen bei den Wiener Symphonikern (Leitung Betriebsbüro) und der Magdeburger Philharmonie (Orchestermanager) zuletzt Kaufmännischer Intendant der Stuttgarter Philharmoniker.

Wie fühlt es sich an, mitten in der Corona-Krise den Intendantenposten anzutreten?

Ganz merkwürdig. Normalerweise lernt man zunächst die einzelnen Musiker kennen und besucht die anstehenden Konzerte. Das fällt gerade alles weg. Natürlich haben wir in kleinen Runden mit dem Vorstand und auch per Video konferiert. Aber das Orchester als Ganzes bleibt stumm.

Wie „überwintern“ die Symphoniker während der Durststrecke?

Musiker wollen auf der Bühne vor Publikum musizieren. Das ist ihre Profession, das treibt sie an. Seit drei Monaten erleben sie quasi ein Berufsverbot, das ist hart. Auch die Münchner Symphoniker haben Alternativen wie Online-Konzerte, Videos aus dem Homeoffice und Telefonaktionen entwickelt, um mit ihrem Publikum in Kontakt zu bleiben. Gerade haben wir mit kleinen, exklusiven Kammerkonzerten in unserem frisch renovierten Probensaal in der Schornstraße begonnen. Jeweils 40 Zuhörer dürfen wir bei den acht einstündigen Konzerten dort erfreuen. Nicht nur mit Streichquartett, sondern auch mit ausgefalleneren Besetzungen wie einem Posaunen-Trio oder einem Schlagzeug-Duo. Trotz Hygiene-Konzept und Sicherheitsabstand entsteht eine Intimität, die die Zuhörer sehr berührt und die Musiker neu herausfordert.

An der Konzeption der im September beginnenden Saison 2020/21 waren Sie noch nicht beteiligt. Dafür jetzt umso mehr an der Umsetzung in unsicheren Zeiten…

Wir hoffen, dass wir ab Herbst das volle Programm vor vollem Saal realisieren können. Wenn wir im Prinzregententheater und im Herkulessaal für 300 bis 400 Besucher spielen könnten, würde es sich rechnen. Zumal wir dann zwei Konzerte von je einer Stunde ansetzen und für die Zwischenzeit ein Lüftungskonzept erarbeiten würden. Je nach Vorgabe muss auch das Programm angepasst werden. Auf jeden Fall sollen unsere Gast-Künstler mitwirken, die ja alle unter Vertrag stehen. Wir müssen sehr kurzfristig denken und kreativ und flexibel sein.

Taugen neue kleine Formate auch für die Nach-Corona-Zeit?

Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Aber zunächst hoffen wir, dass die Symphoniker wieder als Ganzes wirken können. Die positive Routine des fast täglichen gemeinsamen Musizierens liegt bei allen Orchestern seit März auf Eis. Sie wieder zu homogenen Ensembles zu vereinen, wird für die Dirigenten eine große Aufgabe.

Bringt es Vor- oder Nachteile mit sich, wenn ein Intendant Musiker ist?

(Lacht.) Sowohl als auch. Natürlich kann mir kein Musiker ein X für ein U vormachen. Aber ich glaube, die Vorteile überwiegen: Ich habe hohen Respekt vor den Kollegen, bin sehr empathisch und weiß genau, wie es sich anfühlt, auf dem Podium zu sitzen. Wir sprechen auf einer Ebene miteinander.

Manager-Fähigkeiten sind auf einem solchen Posten unabdingbar.

Ja, als nicht staatliches Orchester sind wir auf die freiwilligen Zuwendungen des Freistaates Bayern, der Landeshauptstadt München und des Bezirks Oberbayern angewiesen. Ebenso auf unseren Hauptsponsor, die Stadtsparkasse München. Alle Geldgeber halten uns auch in dieser schwierigen Zeit die Treue. Das wissen wir sehr zu schätzen. 2019 hat das Ensemble 36 Prozent des Gesamtetats von 5,5 Millionen Euro selbst erwirtschaftet. Wir müssen abwarten, was 2020 bringt, da in dieser Saison mehr als 20 Konzerte und eine Japan-Tournee weggebrochen sind. Für die Musiker wurde Kurzarbeit beantragt. Dadurch, dass laufende Kosten wie Saalmieten wegfielen, haben wir einen Modus gefunden, der uns durchkommen lässt. Zusätzlich haben uns viele treue Abonnenten das Geld für die ausgefallenen Konzerte gespendet.

Das Gespräch führte Gabriele Luster.

Kammerkonzerte

im Probensaal, Schornstraße 13, am 24. und 28. Juli jeweils 16.30 und 19 Uhr,

www.muenchner- symphoniker.de.

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