Er ist das Symbol des ungebrochenen Freiheitswillens und wird in Griechenland als Volksheld verehrt. Immer wieder hat sich der Komponist, Widerstandskämpfer und Politiker Mikis Theodorakis für Gerechtigkeit und Demokratie eingesetzt. Seine Biografie ist geprägt vom Widerstand gegen die faschistischen Besatzungstruppen im Zweiten Weltkrieg, dem anschließenden Bürgerkrieg in seinem Land und der griechischen Militärdiktatur zwischen 1967 und 1974. Heute wird er 95 Jahre alt.
Theodorakis’ Werk weist eine erstaunliche Bandbreite auf. Es umfasst Symphonien, Kammermusik und Kantaten, Oratorien und Opern, Bühnen- und Filmmusik sowie mehr als 1000 Lieder und Hymnen. Oft spiegeln die Stücke politische Situationen wider, die den 1,90 Meter großen Mann beschäftigten und noch immer beschäftigen.
Den Kampf für Freiheit gab er nie auf, obwohl er mehrfach in Gefangenschaft war und schwer gefoltert wurde – etwa im berüchtigten Lager auf der Insel Makronisos, wohin Ende der Vierzigerjahre linke politische Gefangene deportiert wurden. Während der Militärdiktatur wurde seine Musik verboten. Der Künstler ging in den Untergrund, wurde verhaftet und interniert. Mithilfe internationaler Fürsprecher konnte er 1970 nach Paris ins Exil ausreisen.
Leben und Werk gehören bei Theodorakis eng zusammen. „Das Komponieren war für mich ein Ausweg. So wie ein Gestrandeter im Glauben an seine Rettung eine Flaschenpost ins Meer wirft. Nicht mehr und nicht weniger“, sagte er einmal.
Geboren 1925 auf der Insel Chios im Ägäischen Meer, erhielt er seine musikalische Ausbildung in Athen und Paris, unter anderem bei Olivier Messiaen. Ihm wird eine außergewöhnliche melodische Begabung nachgesagt.
Theodorakis brachte die griechischen Dichter zum Klingen. In „Canto General“ verwandelte er außerdem Verse des Chilenen Pablo Neruda in ein Oratorium. Der Grieche mischte Volksweisen und die osmanische Musiktradition mit besonderen Tanzrhythmen. Die byzantinische Liturgie findet sich in seinen Oratorien wieder. In seine klassischen Werke baute er außerdem das Volksinstrument Bouzouki und seine kleine Form, die Baglamas, ein. Seine Volkslieder werden im Konzertsaal ebenso gesungen wie in Tavernen.
Weltberühmt wurde Mikis – wie ihn die Griechen nennen – 1964 mit seiner Sirtaki zum Film „Alexis Sorbas“. Bis heute gilt der beliebte Tanz als das „griechische Lied“ schlechthin. Theodorakis war über den Ohrwurm nur begrenzt glücklich: Wie ein Stein habe „Sorbas“ an ihm gehangen, hat er einmal gesagt. Die Popularität führte dazu, dass er zu oft auf dieses eine Stück reduziert wurde.
Als bekennender Linker war der Jubilar auch in der DDR populär. Gleich mehrere seiner Werke wurden in Ostdeutschland uraufgeführt, etwa 1981 der „Canto General“ („Der große Gesang“) in Berlin – erst 1993 folgte die Erstaufführung in Chile, drei Jahre nach dem Ende der Pinochet-Diktatur. 1982 kam im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele die deutsche Fassung des Oratoriums „Axion Esti“ zur Uraufführung. Ein Jahr später – ebenfalls bei den Musikfestspielen – sang der Dresdner Kreuzchor die Liturgie Nr. 2 erstmals öffentlich. Das Werk trägt den Untertitel „Den Kindern, getötet in Kriegen“.
„Ich musste einsehen, dass meine Ideale nicht durchzusetzen sind“, resümierte Theodorakis sein politisches Leben, „ich vertraue nur noch dem alten griechischen Prinzip der Demokratie. Es gibt nur den Kampf um Demokratie und Freiheit, nichts weiter.“
Als griechischer Minister ohne Geschäftsbereich engagierte sich Mikis Theodorakis zwischen 1990 und 1992 für Bildungs- und Kulturreformen und für die Versöhnung zwischen Griechen und Türken. Zuvor war er Abgeordneter des griechischen Parlaments. Im Jahr 2000 wurde er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Seine Persönlichkeit beschreibt er selbst so: „Meine Person ist zerstückelt wie eine Gliederpuppe, du kannst die Einzelteile überall verstreut finden. Ich hoffe sehr, das eines Tages irgendjemand diese Glieder zu einem Ganzen zusammensetzt.“
Der bekennende Agnostiker lebt zurückgezogen in seinem Haus in Athen, mit Blick auf die Akropolis. Aber auch mit 95 Jahren mischt er sich noch gerne ein. Die Griechen vertrauen ihm: „Das ist einer von uns.“
Ausgebildet wurde er unter anderem bei Olivier Messiaen
Als Minister setzte er sich für Kultur und Bildung ein