Sie stehen vor Freude Kopf

von Redaktion

Umjubelte erste GOP-Premiere nach dem Corona-Lockdown

VON KATJA KRAFT

Applaus ist das Brot des Künstlers. Und diese hier haben richtig Hunger. Ist ja auch kein Wunder – fünf Monate Zwangsdiät liegen hinter den zehn Akrobaten, die am Sonntagnachmittag endlich wieder eine Show im Münchner GOP-Varieté-Theater zeigen dürfen.

GOP-München-Chef Peter Weil und Kreativdirektor Werner Buss haben nachgezählt: 3288 Stunden ist es her, dass im Haus an der Maximilianstraße zuletzt gespielt wurde. „Vier Mal konnten wir ,La Strada‘ zeigen, dann kam der Lockdown. Das Ende einer Show, die über zwei Jahre extra für München konzipiert wurde“, erinnert sich Buss. Doch wer den Peter Lustig des GOP kennt, der weiß: Trübsal-Blasen gibt es bei ihm nicht. „La Strada“ werde ein anderes Mal nachgeholt, in der Saison 2022/23 vielleicht. Bis dahin gibt es jetzt erst einmal eine Kampfansage: „Bang Bang“ heißt das neue Programm. Revolver gezückt, Bang! Bang! Und Covid-19 ruft wie Nancy Sinatra: My Baby shot me down!

Das hier ist genau das, wonach wir uns so sehr sehnen: ein Fest der Freundschaft, ein Auf-Abstand-Pfeifen und Die-ganze-Welt-Umarmen. Alles gerade nicht möglich, schon klar. Doch dafür gibt es ja die Kunst. Stellvertretend für die Gäste, die brav alle Hygienevorschriften einhalten, lassen es die Künstler auf der Bühne krachen. Die Energie, die ab der ersten der 90-Minuten Show (ohne Pause) den Raum flutet, können auch die Plexiglasscheiben nicht aufhalten, die zwischen und auf den Tischen (sofern Menschen verschiedener Haushalte daran sitzen) drapiert sind.

Man merkt, dass die vornehmlich kanadische Truppe sich gut versteht. Da ist nicht nur die gemeinsame Spielfreude, sondern auch das gegenseitige Anfeuern, das begeistert. Sie bejubeln einander, allen voran Simon-James Reynolds, der den Conférencier in Frauenkleidung gibt. Wenn er dann die Hüllen fallen lässt und nur in engen Shorts und mit Lederstiefeln bekleidet seinen perfekt gestählten Körper in den aberwitzigsten Verrenkungen das Artistik-Seil entlangklettern lässt, dazu Marlene Dietrichs „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ aus den Lautsprecherboxen, ist das einer der seltenen Momente, in denen die Zuschauer mucksmäuschenstill mitfiebern. Danach wieder: kollektives Klatschen, Trampeln, Pfeifen. Wie hatte man dieses schöne Geräusch vermisst.

Und Lachen. Von den Kindern bis zu den Senioren: Dem Charme des Duos Becky Priebe und Philippe Thibaudeau können sich auch die nicht entziehen, die sonst für Clowns wenig übrighaben. Die bezauberndste Nummer der Show aber gelingt Charlotte Gagnon und Ian Labelle. Dass die zwei privat ein Paar sind, erkennt man am verliebten Blick des sympathisch kräftigen Labelle, der seine Frau im wahren Sinne des Wortes auf Händen trägt.

Applaus ist das Brot des Künstlers? Auch das Publikum ist wieder auf den Geschmack gekommen. Nach Kultur und Kunst und Lebensfreude. Genug gedarbt. Nachschlag bitte!

Bis 23. August

Karten: 089/210 28 84 44.

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