Der Gott des Gelächters

von Redaktion

Dieter Hallervorden wird 85 Jahre alt und spielt den Schöpfer der Welt

VON KATJA KRAFT

Wie das wohl ist, wenn hinter jeder Tür, die man öffnet, schon jemand steht, der lachend „Palim-Palim!“ ruft? Stolz grinsend ob dieser ungemein originellen Pointe. Dieter Hallervorden muss es wissen. Seit er in der von ihm erfundenen Fernsehserie „Nonstop Nonsens“ (1975 bis 1980) erstmals im Sketch das Geräusch einer Türglocke nachahmte, verbindet Fernseh-Deutschland ihn vor allem damit. Was schade ist. Denn Hallervorden hat künstlerisch noch so viel mehr drauf als die Blödeleien in seinen Anfängen. Er ist in seinem Leben durch viele Türen geschritten. Und dabei hat es nicht immer fröhlich Palim-Palim gemacht.

Am 5. September 1935, an diesem Samstag vor 85 Jahren, kam er als Sohn einer Arzthelferin und eines Ingenieurs in Dessau im heutigen Sachsen-Anhalt zur Welt. Der Vater doppelseitig beinamputiert. Doch der eine Unterschenkel war so weit erhalten, dass er mit einem umgerüsteten Auto und mit dem Fahrrad fahren konnte. „Ich habe ihn mit meiner Mutter tanzen sehen. Er hat sich die Lebenslust nicht nehmen lassen“, erzählte Hallervorden im vergangenen Jahr im Gespräch mit unserer Zeitung.

Der Alte hat dem Sohn vermittelt, was Teil von dessen Lebensphilosophie geworden ist: „Nicht aufgeben! Steck’ dir ein Ziel und lass’ dir nicht einreden, du erreichst es nicht!“, erinnert sich Dieter Hallervorden, der heute selbst vier Kinder hat, an die Ratschläge seines eigenen Vaters. Er lebt sie konsequent. Nach der Schule zog es ihn zum Studium an die Berliner Humboldt-Universität. Doch die Denkverbote in der ehemaligen DDR waren ihm zuwider. So tat er, wie er es von seinem Vater gelernt hatte: Setzte sich ein Ziel und floh 1958 nach West-Berlin, um dort sein Studium fortzusetzen. 1960 gründete Hallervorden hier das Kabarett Die Wühlmäuse. Der Beginn einer kabarettistischen Karriere. Der Bühne am Theodor-Heuss-Platz steht er noch heute als Direktor vor. Genau wie seit 2008 dem Schlosspark Theater Berlin. Eine Institution, die geschlossen worden war. Hallervorden übernahm sie mit eigenen Mitteln. Und steht hier regelmäßig auf der Bühne. An seinem 85. Geburtstag beispielsweise in der Komödie „Gottes Lebenslauf“.

War er nicht nervös, als er, damals immerhin auch schon 73-jährig, die Leitung eines weiteren Hauses übernahm? „Na ja, es zeigt, dass ich manches Mal in meinem Leben Entscheidungen getroffen habe, die Menschen, die daran beteiligt waren, etwa meinen Steuerberater, in die Verzweiflung getrieben haben. Doch oft sage ich mir: Ich muss diesen Weg gehen. Ob das dann mit Vernunft zu tun hat, ist wirklich sehr zu bezweifeln“, kommentierte Hallervorden im Interview.

Den Mut zur Unvernunft hat er also mit seiner Paraderolle, dem Didi aus den Sketchen, gemein. Auch wenn er in den vergangenen Jahren gern in ernsteren Filmen mitwirkte. In Til Schweigers „Honig im Kopf“ beispielsweise spielte er einen an Alzheimer erkrank- ten Mann; oder 2012 im Thriller „Das Kind“ einen Kinderschänder. „Die Leute denken immer: ,Du warst bestimmt schon in der Schule der Klassenclown.‘“ Doch das Geburtstagskind widerspricht: „Überhaupt nicht! Ich bin eigentlich eher ein schüchterner Mensch. Ich kann auf der Bühne, im Licht, vor der Dunkelheit des Zuschauerraums und gegen Entgelt recht komisch sein. Aber ich kann es eigentlich nicht auf Anhieb.“ Wer ihn trifft, weiß, dass das ein bisschen kokett ist. Bei Hallervorden ist eben das ganze Leben eine Bühne…

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