„Die Gemälde ziehen uns als Betrachter unmittelbar mit ein. Wir spüren den Wind auf der Haut und die Temperatur des Wassers, wenn wir Monets Segelbooten auf der Seine zusehen. Das schafft keine andere Kunst. Die Impressionisten sind Kommunikationsgenies.“ Das weiß Hasso Plattner, der Stifter und Gründer des Museums Barberini in Potsdam. Bereits dreieinhalb Jahre nach der gefeierten Eröffnung gehört das Haus zu den europäischen Spitzen-Unternehmungen in Sachen Kunst und zu den absoluten Highlights der Museumslandschaft in und um Berlin. Ein Abstecher ins nachbarliche Potsdam zum Barberini ist also unbedingt geboten. Nun ist Plattners eigene Sammlung französischer Impressionisten und Postimpressionisten dauerhaft in dem Haus zu sehen, das er eigens dafür gebaut hat.
Und was es da zu sehen gibt! 103 Meisterwerke der Giganten der freien Natur, der flüchtigen Sinneseindrücke, der Befreiung der Farbe. Allein 34 Gemälde Claude Monets, darunter seine „Seerosen“, die „Getreideschober“, das „Weizenfeld“. Exponate von Paul Cézanne, Camille Pissarro und Pierre-Auguste Renoir, Paul Signac, Raoul Dufy und Alfred Sisley. Mit dabei auch ein Bild von Pablo Picasso, das während seines ersten Paris-Aufenthalts 1901 entstanden ist: „Boulevard de Clichy“, ein Stadtbild, wie er es bei Pissarro gesehen hatte.
Ein ganz besonderes Hauptwerk unter all den Hauptwerken ist „Die Brücke von Argenteuil und die Seine“ von Gustave Caillebotte aus dem Jahr 1883. Nachdem die Deutschen im Krieg 1870/71 so viele Brücken zerstört hatten, mussten neue errichtet werden. Caillebottes Gemälde dokumentiert die Einheit von Natur und moderner französischer Ingenieurskunst aus Stahl und Eisen. Überhaupt spielt die neue Technik keine unbeträchtliche Rolle in den Gemälden dieser Natur-Künstler. Rauchende Fabrikschornsteine im dunstigen Hintergrund, Gasbeleuchtung an den nächtlichen Häfen Le Havre und Honfleur, der Stadt Eugène Boudins, dessen Bilder ebenfalls in dieser großartigen Schau zu sehen sind.
Von Boudin stammt auch die kleine, sehr flache, ziemlich dunkel eingefärbte Arbeit „Honfleur. Das Bauerngut Saint-Simeon.“ Menschen sitzen auf dem Hof, essen, trinken, reden, zelebrieren das einfache Leben. Tatsächlich handelt es sich hier um eine Künstlerkolonie an der Mündung der Seine, zu der der Kern der Impressionisten gehörte. Von hier aus fing alles an. Überhaupt ist die Normandie die bestimmende Landschaft und die Seine mit ihren Inseln der inspirierende Fluss der Künstler. Auch der Fauvisten wie Maurice de Vlaminck. Sein Gemälde „Der Wald“ drängt mit breiten Pinselstrichen bereits in die Abstraktion. Und ist doch voller Dynamik und Rhythmus. Auch seine „Dorfstraße“ mit ihrem satten Farbauftrag, die düster und geheimnisvoll erscheint nicht zuletzt durch die verzerrte Perspektive der Häuser und die verloren wirkende Frauengestalt in der Mitte des Wegs.
Bilder, die in ihrer sinnlichen Ausstrahlung in nichts nachstehen den vor genüsslicher Schönheit strotzenden Gartengemälden oder den von kargem Zauber umgebenen Schneelandschaften Monets. Den Blick gen Süden, die Orientierung in Richtung Côte d’Azur, leisteten sich zuerst Henri-Edmond Cross („Stierkampf“) und Signac („Hafen von Saint Tropez“) in den 1890er Jahren. Das Besondere des Sonnenlichts wurde für die Maler zur neuen Energiequelle ihrer Kunst: Natur mit Licht und Farbe erfahrbar zu machen.
Museum Barberini,
Potsdam, Alter Markt; täglich außer Di. 10-19 Uhr, jeden ersten Do. im Monat 10-21 Uhr. Eintritt: 16/10 Euro, Sa./So. 18/10 Euro; Tickets nur über Zeitfenster: www.museum-barberini.de/ihr-besuch; Katalog, Prestel Verlag: 30 Euro (Museum), 39 Euro (Buchhandel).