Drei Tage schnuppern

von Redaktion

Markus Braun-Falco über das Münchner Galerienwochenende Open Art

Ab heute können die Münchner drei Tage lang flanieren, schauen und genießen. Knapp 50 Galerien öffnen im Rahmen der Open Art ihre Türen. Diese Gemeinschaftsveranstaltung wird alljährlich von der Initiative Münchner Galerien zeitgenössischer Kunst organisiert. Wir sprachen mit Vorstandsmitglied Markus Braun-Falco über die Lage der Kunsthändler in Zeiten der Pandemie.

Das Jahr ist bisher alles andere als leicht gewesen. Wie fällt nun der Münchner Kunstherbst aus?

Für Galeristen war es sehr schwer während des Lockdowns. Der erzeugte für zwei Monate einen erheblichen Einbruch. Doch es gibt auch positive Signale. Manche Galerien melden, dass ein eher ungewohntes, gezieltes Interesse da ist. Das erhoffen wir uns auch für die Open Art.

Woher kommt das?

Wahrscheinlich liegt es daran, dass große Messen ausgefallen sind und die Reiseverbote dazu geführt haben, dass die Leute bezüglich ihres Kunstinteresses ein Vakuum verspüren. Somit machen sie endlich das, was wir uns seit Jahren wünschen: vor Ort schauen, was es gibt, und in Münchner Galerien gehen. Dazu ist die Open Art ja gedacht.

Rechnen Sie mit mehr Besuchern?

Einschätzen kann man es nicht. Hoffen kann man’s schon – und es sich auch vorstellen. Monatelang gab es ein reduziertes Kunstangebot.

Inwieweit wird sich die Open Art von bisherigen Ausgaben unterscheiden?

Themenbezogen wird es in Richtung Corona nichts Neues geben. Das ist auch zu kurzfristig. Wir bieten das Gleiche an wie immer. Auf ein paar Sachen müssen wir aber verzichten: Es wird etwa keine Eröffnungsveranstaltung geben. Das hindert die Gäste aber nicht daran, dasselbe zu tun wie immer: von einer Galerie zur anderen zu schlendern. Unseren Open-Art-Katalog haben wir erstmalig ein bisschen geändert. Früher war er alphabetisch sortiert, nun ist er nach Stadtteilen geordnet. Man kann also ein Viertel wählen und sich dort einen gemütlichen Spaziergang heraussuchen.

Ist die Open Art für die Galerien wegen Covid-19 ökonomisch bedeutsamer als sonst?

Sie ist immer wichtig. Sie ist aufs Jahr betrachtet die große Werbeaktion der Galerien. Wir erhoffen uns heuer den Effekt, dass die Menschen ausgehungert nach Kunst sind und deshalb mit erhöhter Neugierde durch die Galerien gehen. Wenn sich das in Kaufinteresse umsetzt, freuen wir uns alle.

Wie ist das grundsätzlich: Wird während der Open Art mehr gekauft?

Es ist wie auf einer Messe. Natürlich steigen an diesem Wochenende nicht unbedingt die Umsätze. Das erwarten wir auch nicht. Wir erhoffen uns eher, dass Menschen neugierig in die Galerien gehen und herumschnuppern. Sie müssen nicht gleich kaufen. Irgendwann schlagen sie dann zu. Diese Mechanismen wollen wir fördern.

Worauf stellen Sie sich als Galerist bis Mitte 2021 ein?

Jeder von uns versucht erst mal, sein Programm durchzuziehen. Wir planen etwa ein Jahr im Voraus. Die Vernissagen wird man an die jeweilige Corona-Situation anpassen. In Sachen Messen muss man sehr sensitiv beobachten, was passiert. In München wurde zuletzt die Antiquitätenmesse abgesagt. Sollten Messen wie die Art Cologne im November oder die Art Karlsruhe im Februar grünes Licht bekommen, werden wir als Galerien schauen, dass wir alle wieder mitmachen.

Welche Rolle spielten heuer die Online-Möglichkeiten?

Sie sind wichtig. In Sachen Verkaufsplattform können wir Galerien allerdings nicht mit den Auktionshäusern mitziehen. Diese bauen seit etwa zehn Jahren kontinuierlich ihre Plattformen auf. Was allerdings bei einigen Galerien passiert ist: Sie haben die visuelle Wahrnehmung optimiert. Manche bieten Raumvisualisierungen an. Man kann sich virtuell durchs Angebot arbeiten und sehen, welche Bilder an den Wänden hängen. Was auch funktioniert: seine Kundschaft per Instagram zu informieren – oder Bilder schlicht per E-Mail zu verschicken.

Inwieweit könnten Galerien fortan noch mehr online arbeiten?

Letztlich braucht man für Kunstwahrnehmung immer die Haptik. Übers Internet wird nur die Hälfte der Wahrheit transportiert. Wenn man einen Künstler kennt, kann man ihn online kaufen. Aber einen neuen Künstler muss man haptisch erfahren.

Das Gespräch führte Katrin Hildebrand.

Informationen:

Das Galerienwochenende findet zum 32. Mal statt. Die Open Art beginnt heute um 18 Uhr, geöffnet ist bis 21 Uhr. Samstag und Sonntag geht es von jeweils 11 bis 18 Uhr weiter. Der Katalog mit Stadtviertelüberblick, allen Galerien und Hinweisen auf Ausstellungen in Museen ist unter openart.biz abrufbar und liegt in den teilnehmenden Häusern aus. Geführte Rundgänge durch die einzelnen Schauen sind am Wochenende jeweils um 11, 14 und 16 Uhr. Eintritt frei.

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