Gute-Laune-Programm

von Redaktion

Die Münchner Philharmoniker starteten vor 500 Menschen im Gasteig in die neue Saison

VON TOBIAS HELL

Zugegeben, wenn man den Salzburger Sommer erlebt hat, wirkte selbst das in letzter Minute auf 500 Zuhörerinnen und Zuhörer erhöhte Publikum (wir berichteten) im weiten Raum der Philharmonie noch immer sehr spärlich. Trotzdem schien zum verkleinerten Saisonstart der Münchner Philharmoniker auf beiden Seiten mehr als offensichtlich die Freude zu überwiegen, endlich wieder gemeinsam Musik zu machen – und Musik erleben zu können. Mit einem Programm, das laut Chefdirigent Valery Gergiev nicht an die vergangenen sechs Monate erinnern, sondern vor allem positive Energien verströmen sollte. Daher wohl auch kein verkopfter Bruckner oder ein von ihm gerne einmal breit ausgewalzter Beethoven – stattdessen zum Auftakt ein ebenso knalliger wie kurzweiliger Prokofjew, dessen kontrastreich ausgestaltete „Symphonie classique“ dem Orchester keineswegs nur zum Warmspielen diente und bei der Gergiev sich ganz in seinem Element zeigte.

Fast zu viel Energie dagegen bei Mendelssohns Violinkonzert, dessen Solistin Janine Jansen sich im ersten Satz zunächst noch ihre Führungsrolle erkämpfen musste. Dann allerdings verstand sie, die Kadenz virtuos auszukosten, und geizte nach dieser technisch sauberen Demonstration vor allem im gefühlvollen zweiten Satz nicht mit ihren bekannten Qualitäten: innig und warm im Ton, ohne das Publikum auf den von Gergiev mächtig angefeuerten Schlusssprint vorzubereiten, der in begeistertem Applaus mündete.

Mit etwas weniger romantischem Ballast hätte man sich danach die mit getragenen Tempi servierte „Unvollendete“ von Franz Schubert gewünscht, die sich trotz der „schwarzen Tonart“ h-Moll ebenfalls bestens in das Gute-Laune-Programm einfügte. Ob die Wahl ein augenzwinkernder Kommentar zu den fragmentarisch gebliebenen Plänen für das Jahr 2020 war? Man würde es Gergiev zutrauen. Denn dass er den Abend im Anschluss mit der „Fledermaus“-Ouvertüre beendete, dürften wohl nur die Eingeweihten im Saal erwartet haben – zählt Operette doch weder für das Orchester noch für den russischen Maestro zum Kernrepertoire, was man der wenig leichtfüßigen Lesart auch anhörte. Gerade deshalb hatte man aber jede Menge Spaß an diesem Vortasten auf unbekanntes Terrain. Frei nach dem Motto: „Glücklich ist, wer vergisst“ – und optimistisch nach vorne blickt.

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