„Sie werden sich wundern!“, versprechen die Veranstalter des diesjährigen Internationalen Figurentheaterfestivals München. Mehr als zwei Wochen lang dürfen sich vom 17. Oktober bis zum 1. November kleine und große Theaterfans von rund 30 unterschiedlichen Varianten des Figuren- und Objekttheaters aus Tschechien, Slowenien, Frankreich, der Schweiz, Israel und ganz Deutschland an diversen Orten der Stadt verzaubern lassen.
Dabei ist zu beachten, dass sich der neue Festivaltitel „Wunder.“ auf zweierlei Arten lesen lässt: Er beschreibt einerseits das Wunder, durch das Puppen, aber auch Papier, Wachs, Licht und Schatten oder andere Objekte im Theater zum Leben erweckt werden und nicht nur die Fantasie der Zuschauer anregen, sondern diese mitnehmen in andere Welten. Spricht man aber auch das Satzzeichen aus, ändert sich die Perspektive: Hier wird nicht nur lustig unterhalten, sondern es werden die Probleme der Welt angesprochen. Identitätsfragen, Ausgrenzungen, Vorurteile, Demenz und nicht zuletzt Corona sind je ein „wunder Punkt“ unserer Gegenwart, auf den die Stücke ganz bewusst den Finger legen.
Das größte Wunder aber ist doch, dass solch ein internationales Festival zu Coronazeiten (hoffentlich) überhaupt stattfindet! Zu verdanken ist das den Theaterschaffenden, die mit ungeheurer Energie und Kreativität ihren eigentlich geplanten Spielplan umgebaut und den strengen Hygienerichtlinien angepasst haben. „Dass die Darsteller zu ihren Puppen keinen Abstand halten müssen, ist ein Vorteil dieses Genres“, schmunzelt die Intendantin der Schauburg Andrea Gronemeyer kurz, bevor sie ernst anfügt: „Und was das Publikum angeht, sagen wir: Gerade in diesen Zeiten brauchen wir Kunst und Kultur. Wir lassen uns das Spielen nicht ausreden!“
Gemeinsam mit der Schauburg haben das Figurentheaterforum München, die Gesellschaft zur Förderung des Puppenspiels e.V., das Münchner Stadtmuseum und der Kultur und Spielraum e.V. ein „coronakompatibles Festivalprogramm“ auf die Beine gestellt, das schon beim Lesen des Informationshefts große Neugier weckt. Hier verspricht das „Lobbüro“ der Flunker Produktionen aus Wahlsdorf „Anerkennung für jedermann und jedefrau“; bei den Telefonzellen des Stuttgarter Ensembles Materialtheater darf man „Im Notfall nicht die Scheibe einschlagen“, das Stadtmuseum lädt zu nächtlichen Theaterparcours; Märchen wie „Rotkäppchen“ werden neu erzählt; „Alice“ verliert sich im „Cyberland“; und mitten auf dem Marienplatz nimmt „Punch Agathe“ platz, mit acht Metern Höhe der größte Kasperl der Welt.
Videoinstallationen, Telefongespräche und eine per Zoom gefeierte Geburtstagsparty testen neue, Abstand wahrende Wege des Theaters aus, während die französische Campagne Areski in „Millefeuilles“ die Zerbrechlichkeit der Menschen in einer Welt aus Licht, Schatten und Papier spiegelt, durch die die Zuschauer selbst wandeln können.
Papier steht dann beim 4. Münchner Papiertheaterfestival im Bürgerpark Oberföhring, das zusätzlich Gast des großen Figurentheaterfests ist, noch einmal gesondert im Mittelpunkt: Vom 22. bis zum 25. Oktober präsentiert Liselotte Bothe, Chefin des Kleinen Theaters im Pförtnerhaus, die Wunderwelt des Papiertheaters, bei dem sich auf kleinsten Bühnen große Dramen ereignen.
Da dort wie bei allen anderen Veranstaltungen wegen Corona deutlich weniger Plätze zur Verfügung stehen als in den Jahren zuvor, heißt es nun: Schnell sein und Karten buchen. „Der Vorverkauf hat begonnen“, verkündet die künstlerische Leiterin des Festivals Mascha Ebeling, und es ist ihr anzusehen, wie stolz es sie macht, das geschafft zu haben. „Schließlich möchten wir damit auch unsere Künstler in der Krisenzeit unterstützen.“ Vor allem aber lädt sie dazu ein, sich beim Festival „zu Tränen rühren und zum Lachen bringen“ zu lassen, ver-wundert zu be-wundern und dabei gleichzeitig dabei zu sein, wenn dieses kleine Festival-Wunder wahr wird.
Genaue Informationen
zum Spielplan, zu den Spielorten und zum Kartenvorverkauf finden sich unter www.wunderpunktfestival.