Diese Hochzeit findet statt

von Redaktion

Die Bayerische Staatsoper nimmt Mozarts „Le nozze di Figaro“ in der Corona-Fassung wieder auf

VON GABRIELE LUSTER

Wer die Ouvertüre so feinnervig zelebriert und dabei so hitzig dahinstürmen hört, der darf sich im wahren Mozart-Glück wähnen. Doch unvermittelt schreckt er hoch, denn statt Figaros „Cinque, dieci…“ stolpert Susanna mitten hinein ins Rezitativ, ja fast ins Duettino… Corona hat heuer nicht nur manch reale Hochzeit gekippt, sondern nun auch die von Figaro erwischt: Doch anders als bei der so organisch gekürzten „Così“, holpert es an den Schnittstellen in „Le nozze di Figaro“ der Bayerischen Staatsoper doch gelegentlich. Aber geschenkt, die Hochzeit findet statt, und 500 glückliche Gäste bejubeln Dirigent, Orchester und Sängerensemble am Mittwoch im Nationaltheater aus ganzem Herzen.

Constantinos Carydis setzt wie schon bei der Premiere 2017 von Christoph Loys subtiler Inszenierung auch jetzt wieder alle Turbulenzen, aber auch alle zarten Gefühle frei, die an diesem tollen Tag durcheinanderwirbeln: Mit einer kleinen, bei aller Transparenz homogen musizierenden Besetzung des Staatsorchesters, dessen einzelne Gruppen er aufscheinen lässt. Ob’s die zweiten Geigen sind oder die Fagotte – immer ist charakterisierender Wohlklang angesagt.

Zu diesem mitreißenden wie berührenden Hörgenuss gesellt sich eine spielfreudige, ausgezeichnete Sängercrew: An der Seite des aufbrausenden, zuletzt vermeintlich gehörnten Strippenziehers Figaro, den Alex Esposito mit Temperament und beweglichem Bariton ausstattet, spinnt Susanna mit der Gräfin ein eigenes Intrigennetz. Louise Alder krönt die Ensembles mit lyrischen Spitzentönen und lässt in der Rosenarie tief in ihr Herz blicken, das bei den Avancen des Grafen durchaus ins Trudeln gerät.

Auch Golda Schultz’ charmante Gräfin gewährt berührende Einblicke in ihre verwundete Seele und entfaltet schon in ihrer Auftrittsarie wohltönende Verzweiflung, bar jeder Larmoyanz. Zuletzt erkennt – im offenen Verwirrspiel der mittlerweile zu „Marionetten“ im Riesen-Bühnenbild (Johannes Leiacker) mutierten Akteure – auch der Graf den Liebreiz der Gattin: „Contessa, perdono.“ Das singt mit virilem Bariton Etienne Dupuis als eifersüchtiger Schürzenjäger-Souverän, der selbst vor der kessen, helltönenden Barbarina von Evgeniya Sotnikova nicht haltmacht.

Zu ihr gesellt sich der hoch aufgeschossene, im pubertären Gefühlsstrudel taumelnde Cherubino von Emily D’Angelo, die ihre Canzonetten bei aller von Carydis hingebungsvoll abgefederten Feinzeichnung leuchten lässt. Und auch das alte Paar (Anne Sofie von Otter als damenhaft-elegante Marcellina und Peter Rose als schrulliger Bartolo) findet sich mit Basilio (Manuel Günther), Don Curzio (Dean Power) und Antonio (Karel Martin Ludvik) zum fetzigen Finale ein.

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