Eine Büste. „Braucht’s des?“, hätte die uneitle Therese Giehse (1898-1975) mit dem ihr eigenen trockenen Humor vermutlich zu dem neuen Kunstwerk gesagt, das seit Sonntag ihr zu Ehren im Steinfoyer der Münchner Kammerspiele hängt. Aber ja, des braucht’s! Endlich frischer weiblicher Wind in der Runde der Herren. Tatsächlich musste erst eine Frau – Barbara Mundel nämlich – die Leitung des Theaters übernehmen, ehe dort nun auch eine weibliche Büste neben all den bronzenen Männerköpfen angebracht wurde. Und die eben nicht aus starrem Material, sondern biegsam, weich, empfindlich. Ein beweglicher Werkstoff für einen offenen Geist wie die Giehse.
Die Pose, die Künstlerin Kate Isobel Scott für sie gewählt hat, ist ebenso hintersinnig: mahnender Zeigefinger, die Augen gen Himmel gerichtet. Sie fordert uns augenzwinkernd dazu auf, Giehses Erbe zu bewahren. Das beinhaltet ja nicht allein die große Schauspielkunst des Theater- und Filmstars. Sondern auch die klugen Aussprüche, die sie gemacht und die das neue Kammerspiel-Team in Heftform veröffentlicht hat. „Man darf an den Kammerspielen nicht gefälliges, bequemes Stadttheater machen, oder man macht sie kaputt“, ist so ein mahnender Satz der Giehse. Und wenn nun Intendantin Mundel es nicht bei der Büste allein belässt, sondern gleich dazu die Kammer 2 in Therese-Giehse-Halle umbenennt, wird deutlich, dass sie sich diesem Leitmotiv verpflichtet zu fühlen scheint.
Bei einer bewegenden Lesung zur Einweihung des umbenannten Saals erinnert Schauspielerin Renate Schmidt in sehr persönlichen Worten an ihre Kollegin. Gemeinsam mit Kammerspiel-Neumitglied Johanna Eiworth liest Schmidt aus der von ihr geschriebenen Giehse-Biografie „Na, dann wollen wir den Herrschaften mal was bieten“ vor. Ein denkwürdiger, emotionaler, höchst anregender Vormittag in Gedenken an eine Frau, die die Theaterlandschaft nachhaltig geprägt hat. Brecht soll sie einmal als „größte europäische Schauspielerin“ bezeichnet haben. Ihre lakonische Reaktion: „Na, i woaß net.“