„Kein Tschaikowsky light“: Chefdirigent Anthony Bramall über die neue Münchner Fassung

von Redaktion

Große Orchesterbesetzungen sind derzeit bekanntlich tabu. Am Gärtnerplatz hat man die Corona-Lage genutzt, um sich eine neue Fassung der Tschaikowsky-Partitur erstellen zu lassen. Verantwortlich dafür ist der Moskauer Komponist Piotr Klimow. Der Kontakt wurde geknüpft über den Gärtnerplatz-Kapellmeister und Solo-Repetitor Oleg Ptashnikov. Chefdirigent Anthony Bramall wird die Münchner Neufassung des „Eugen Onegin“ nun vorstellen.

Zwei Dutzend Musiker sind dabei beschäftigt. Bramall kam es vor allem darauf an, die Streicher nicht solistisch zu besetzen. Auf den gehaltvollen Tschaikowsky-Klang wollte er nicht ganz verzichten. „Uns war wichtig, keine kastrierte Version herauszubringen“, wie es Bramall ausdrückt. Dabei wird auch mit kleinen Tricks gearbeitet. Ein Beispiel: Drei erste und drei zweite Geigen sind in dieser Fassung beschäftigt. Bei Stimmenteilung spielt manchmal eine zweite bei den ersten mit, um den Klang zu verstärken.

Bedeutet dies auch, dass Bramall als Interpret von seinem Verständnis dieses Komponisten abrücken muss? „Wir versuchen wirklich, einen Tschaikowsky-Klang zu erzeugen, keine Sorge.“ Nur manchmal, zum Beispiel bei den von Klimow vorgesehenen, neuen solistischen Passagen müsse man das Tempo eben etwas anziehen, da die gewohnte Fülle fehle. „Es ist aber auf jeden Fall eine adäquate Version, kein Tschaikowsky light.“ Die nächste größere Partitur-Anpassung wartet auch schon auf das Gärtnerplatz-Team. Es handelt sich um die Oper „Jonny spielt auf“ von Ernst Krenek, die Premiere ist für März geplant. Laut Anthony Bramall werde man sich hier aber „eine eigene Fassung basteln“. MARKUS THIEL

Artikel 7 von 8