Dass die „Vorgruppe“ mehr Zeit beansprucht als der Hauptact, ist eher selten. So geschehen beim gemischten Doppel in der Münchner Unterfahrt. Ehe es Musik zu hören gab, plauderte Siggi Loch 100 unterhaltsame Minuten lang aus „A Life in the Spirit of Jazz“, wie das zu seinem 80. Geburtstag im August erschienene Buch heißt. Klar, der Mann könnte auch ein ganzes Semester eine Vorlesung über seine fast 60 erfolgreichen Jahre im Musikgeschäft sprechen und immer noch nicht alle Anekdoten unterbringen. Er habe es, sagte Loch, immer als seine größte Begabung, ja seine Mission, gesehen, „Talente zu entdecken und ihnen zu helfen, eine Karriere aufzubauen“.
Was der perfekte Brückenschlag war zur 25-jährigen Johanna Summer, die anschließend am einst von Loch gestifteten Unterfahrt-Flügel Platz nahm. Wie auf ihrem im Frühjahr bei seinem Label ACT erschienenen CD-Debüt verband sie improvisierend Stücke aus Robert Schumanns „Kinderszenen“ und dem „Album für die Jugend“. Dabei „verjazzt“ sie diese Skizzen aber nicht, bürstet sie auch nicht gegen den Strich – das wäre zu simpel. Eher fantasiert sie die romantischen Kurzgeschichten im Geiste ihres Autors, aber mit unverkennbar eigener Handschrift zu epischen Werken weiter.
Es scheint, als erwüchse aus der analytischen Durchdringung des Materials eine intuitive Erfindungssicherheit, die ihr Ziel kennt, aber auf dem Weg dahin der Augenblicksinspiration den Raum lässt, den es braucht, damit Unerhörtes entstehen kann.
Johanna Summer ist weder eine improvisierende Klassikpianistin noch eine romantischem Liedgut verhaftete Jazzerin, sondern eine Schubladen sprengende Schöpferin gegenwärtiger Klaviermusik. Man darf auf Großes hoffen.