Blaugraue Lasuren sind flüchtig auf den Bildgrund gewischt, daneben stehen im schroffen Kontrast opake Patzer in gelb und grün. Aber trotz seiner lyrisch-verinnerlichten Sprödheit hat das ganze, nur gut 30 mal 40 Zentimeter große Bild von 1944 etwas Tänzerisch-Leichtes an sich. „The Wall“ heißt dieses wunderbare Gemälde Hans Hofmanns (1880-1966), das jetzt in der Münchner Pinakothek der Moderne zu sehen ist – gemeinsam mit vier weiteren Werken dieses deutsch-amerikanischen Künstlers, die das Museum neu erwerben konnte. Allerdings nur dank spendabler Mäzene, ohne die unser stolzer Kulturstaat inzwischen ziemlich alt aussähe.
Geboren wurde Hans Hofmann im mittelfränkischen Weißenburg, und nach ersten Studienjahren in München lebte er von 1904 bis 1914 in Paris, wo er unter anderem Matisse und Picasso kennenlernte. Bei aller eigenständigen Kraft erwächst sein späteres Schaffen erkennbar aus den Einflüssen, die er zu Beginn des 20. Jahrhunderts empfing – wobei es vor allem doch die spirituell akzentuierten Farbräusche Kandinskys und die aufgewühlten malerischen Gesten des Expressionismus waren, die Hofmann prägten.
Zurück in München, gründete der Maler 1915 eine eigene Kunstschule, die in den Zwanzigerjahren internationales Renommee erlangte und insbesondere viele US-amerikanische Studenten anzog. Ein ehemaliger Schüler war es auch, durch dessen Vermittlung Hofmann dann 1930 erstmals in den USA unterrichtete. 1932 verließ er Deutschland in kluger Vorausahnung der Barbarei endgültig und eröffnete in New York eine neue Kunstschule. Durch seine Lehrtätigkeit, aber auch mit kunsttheoretischen Veröffentlichungen übte dieser Münchner Maler einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf Generationen junger US-amerikanischer Künstler und Kritiker aus; man kann vermutlich sagen, dass es einen Jackson Pollock, ja den gesamten Abstrakten Expressionismus ohne Hofmanns didaktisches Wirken wohl so nicht gegeben hätte. Und selbst spätere Protagonisten der Pop Art wie Jasper Johns oder Frank Stella gehörten zu seinen Schülern. Hofmann nimmt damit eine Art Gelenk- oder Brückenposition ein zwischen der europäischen Moderne des Jahrhundertbeginns und den Avantgarde-Strömungen, die seit den Vierzigerjahren in den USA entstanden.
Gleichwohl liegt die Bedeutung dieses Malers nicht nur in seiner kunsthistorisch so wichtigen Vermittler-Rolle. Er hätte diese Rolle vielmehr gar nicht spielen können, wäre er nicht durch ein hochkarätiges eigenes Werk hervorgetreten. Die neu erworbenen Bilder Hofmanns aus seiner spätesten Schaffensphase in den Sechzigerjahren verbinden unmittelbare malerische Ausdrucksgesten mit einer klaren Farbflächen-Dramaturgie und bannen so das amorphe Fluten in einen euphorisch aufrauschenden Akkord. Fast kommt es einem vor, als mache der Künstler hier die Verwandlung des schöpferischen Impulses in die bildnerische Gestalt als eine Art ästhetische Sollbruchstelle sichtbar.
Bis 30. Dezember,
Di.-So. 10-18 Uhr, Do. 10-20 Uhr;
weitere Informationen unter www.pinakothek-der-moderne.de.