Der Satz kam recht spät. Geschätzte zehn Minuten hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter schon gesprochen, da sagte er: „Es ist richtig und gut.“ Gemeint ist die Sanierung des Gasteig, vor allem aber die Interimslösung unweit des Heizkraftwerks. Doch zuvor war da ein anderer Zungenschlag: „So ganz nach Interim schaut das nicht aus“, befand der SPD-Politiker. „Alle anderen Städte würden das für eine endgültige Lösung halten.“ Und: „Es handelt sich eben um ein außergewöhnliches, München-gerechtes Interim.“ Was die Frage aufwirft: Wird das Sendlinger Ausweich-Areal damit zum Dauerquartier neben einem rundumsanierten Haidhauser Stammhaus?
Es war ein ungewöhnliches Richtfest für die neue, eigentlich als vorübergehende Lösung gedachte Philharmonie an der Hans-Preißinger-Straße, auf dem Reiter gestern sprach. Nur 50 geladene Gäste, bis auf die jeweiligen Redner alle vermummt. Ein paar Orangensaftflaschen, auch prickelndes Mineralwasser. „Die Bauleute und Planer feiern dann in den nächsten Tagen“, erläuterte Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner. Vielleicht gibt’s dann Anlass-übliches Bier.
Trotz Schmalspurfest und Nieselregen: Die Stimmung ist gut. Die Stadt kann offensichtlich am Termin fürs Eröffnungskonzert festhalten, im Kalender steht der 8. Oktober 2021. Und auch der finanzielle Rahmen ist unverändert, man geht immer noch von 112 Millionen Euro für Planungs-, Bau- und Mietkosten aus. Reiter sprach in diesem Zusammenhang von einem „sensationellen Ergebnis“ – gerade vor dem Hintergrund, dass andere städtische Projekte geschoben werden müssten. „Es ist wichtig, in solchen Zeiten solche Zeichen zu setzen.“
Gasteig-Chef Max Wagner nannte das Sendlinger Projekt ein „Kultur-Kraftwerk“ – und spielte damit auch auf die denkmalgeschützte ehemalige Trafo-Halle an, die gleich mehrere Funktionen in sich vereinigen soll: zentrales Foyer, Kasse, Zwischenheimat für die Stadtbibliothek sowie Behausung für ein Café und ein Kino. Dass es mit den bisherigen Nutzern und Mietern des Geländes manchen Strauß auszufechten gab, verschwieg Wagner nicht. Doch nun sei man „offen für alles aus dem Viertel und vernetzt mit der gesamten Stadt“.
In den vergangenen Monaten hat sich, vor allem was die neue Philharmonie betrifft, Erstaunliches getan. Um die Holzverschalung ist der Betonbau neben der alten Trafo-Halle weit in die Höhe gewachsen. Noch immer verwundert, dass in der gedrängten Kubatur 1800 Zuhörer Platz finden sollen. Was wohl bedeutet: Ab nächsten Oktober ist die Musik dort körperlich bis hautnah erfahrbar. Eine wichtige Sache fehlt unter anderem noch, nämlich das Gebäude mit einem Multifunktionsraum für Theater, Performances oder andere Veranstaltungen, ein Ersatz also für den Carl-Orff-Saal.
Was von dem Areal im Winter 2025 übrig bleibt, wenn der renovierte Gasteig wieder in Betrieb gehen soll, ist offen. Erst recht, ob man am Interims-Konzertsaal festhalten will, der immerhin von Star-Akustiker Yasuhisa Toyota ausgestattet wird. Dea Schessl vom Privat-Veranstalter Münchenmusik bekrittelte jedenfalls auf dem gestrigen Richtfest, dass der Backstage-Bereich zu klein sei: „Wie sollen die Orchester hier mit den Instrumenten-Lkw anreisen können?“, kritisierte sie. Ein Argument, das eher gegen die Dauernutzung spricht.