In der ersten Strophe seines Gedichts „Fotos“ schreibt er:
„Sie fotografieren dich/ auf deiner Veranda und/ auf deiner Couch/ und draußen, mitten auf/ dem Hof, oder an dein Auto gelehnt.“ Begeisterung klingt anders. Yep, Charles Bukowski hatte nicht nur ein unterkühltes Verhältnis zu Fotografen. Meist herrschte Eiszeit. Obwohl es für den Schriftsteller im Prinzip ein simples Geschäft war, wie er im selben Poem ein paar derbe Zeilen weiter einräumt: „Brauchst nur wie Bukowski/ aussehen und dich ablichten/ lassen, das ist alles.“
Blödsinn, ist es nicht. Bukowski, vor 100 Jahren in Andernach (Rheinland-Pfalz) geboren und als Dreijähriger mit den Eltern nach Los Angeles gezogen, ließ sich eigentlich nur von Michael Montfort (1940-2008) stressfrei fotografieren. Der Rest der Zunft hatte es verdammt schwer – oder kam erst gar nicht dazu, die Kamera auszupacken. Montfort hatte sich einst mit einer Kiste Wein bei dem schreibenden Alkoholiker/ dem Autor mit dem Hang zum Alkohol eingeschleimt; die Freundschaft, die damals daraus erwuchs, hielt lebenslang.
Den Schriftsteller und den Fotografen verband die Herkunft aus Deutschland – eben das gilt auch für Abe Frajndlich. Als Abraham Samuel Frajndlich wurde er 1946 bei Frankfurt in einem Lager für „Displaced Persons“ geboren, als Zehnjähriger zog er in die USA. Als er 1985 Bukowski erstmals zuhause in San Pedro, Kalifornien, für eine Fotosession besuchte, habe ihn der Sprengmeister der US-Literatur „sofort wie einen alten Freund“ behandelt, erinnert sich Frajndlich im Vorwort des neuen Bildbands „Bukowski. The Shooting“. Heute noch liest man die Verwunderung aus den Zeilen. Als er damals das Material seinem Auftraggeber, dem „FAZ“-Magazin, zeigte, kassierte Frajndlich einen Anschiss und den Hinweis, nochmals nach San Pedro zu fahren, um bessere Bilder zu machen. Da geschah erneut Ungewöhnliches – Bukowski fluchte wild und stimmte zu. Um es kurz zu machen: Das Ergebnis gefiel ihm sogar so gut, dass er Frajndlich einlud, seine Hochzeit mit Linda Lee Beighle im selben Jahr zu fotografieren.
All diese Aufnahmen versammelt „Bukowski. The Shooting“. Ergänzt wird der gut gearbeitete Band von einem Porträt des Autors, das Glenn Esterly 1976 für den „Rolling Stone“ schrieb. Der Reporter schildert darin auch die Selbstinszenierung des Dichters als „dirty old Man“. Frajndlichs Arbeiten indes erhaschen in ihren besten Momenten einen Blick durch den Spalt zwischen Pose und Person – und kommen dadurch Bukowski so nahe, wie es sonst nur jenen glückt, die seine Gedichte lesen.
Abe Frajndlich:
„Bukowski. The Shooting“. Hirmer Verlag, München, 96 Seiten; 29,90 Euro.