Ein bisher unbekannter Beatles-Song von 1967, der es damals nicht aufs „Sgt. Pepper“-Album geschafft hat – das wäre eine Weltsensation. Doch leider sind die Archive der Fab Four wohl restlos geplündert. Comic-Fans haben es besser. Sie können jetzt eine neue/alte Geschichte aus dem Nachlass der gallischen Comic-Genies René Goscinny (1926-1977) und Albert Uderzo (1927-2020) lesen. „Der goldene Hinkelstein“ erschien 1967 als Hörspiel nur auf Französisch. Aus dem damaligen Begleitbuch zu „Le menhir d’or“, für das Goscinny hinreißende Dialoge und Uderzo rund zwei Dutzend detailverliebte Zeichnungen angefertigt hatten, entstand nun als Sonderband ein neues Asterix-Heft, das heute erscheint.
Zwischen zwei herausragenden Alben, zwischen dem „Legionär“ und dem „Arvernerschild“, haben sich die Asterix-Papas eine deutlich schlichtere, aber trotzdem überaus lustige kleine Geschichte ausgedacht: Troubadix, der unschön tönende Dorfbarde, der Wendler der Antike, hat genug davon, von Barbaren und Banausen verkannt zu werden: „Ich bin es leid, ausgelacht zu werden! Schluss! Aus! Basta!“ Er will beim Barden-Wettbewerb im Karnutenwald den Hauptpreis abräumen, den goldenen Hinkelstein.
Um zu verhindern, dass Jury und Zuhörer beim Wettsingen „Gallien sucht den Superbarden“ (GSDS) vor Entsetzen über den schiefstimmigen Troubadix randalieren, begleiten ihn Asterix und Obelix als Leibgarde. Und sehr zur Freude von Obelix haben auch der kunstsinnige Römer-General Eucalyptus und sein Zenturio Eidescolumbus Interesse am „besten, größten und herrlichsten aller Barden“ (zumindest sieht das Troubadix so).
Die Arbeiten an der Neuauflage begannen Ende 2019, vor dem Tod Uderzos im vergangenen März. Der Zeichner hat noch persönlich an der Restaurierung mitgewirkt. Hauptproblem war die Beseitigung des Druckrasters. Doch diese Aufgabe ist den bewährten Koloristen um Thierry Mébarki exzellent gelungen. Die Bilder zeigen Uderzos unverkennbaren Pinselstrich aus den späten Sechzigern – noch ein wenig rauer als in den folgenden Jahrzehnten, mit hinreißenden Prügeleien und mit jeder Menge „Patschack!“, „Bong!“, „Paff!“ und „Tschong!“
Das Tempo eines klassischen Sprechblasen-Asterix kann das illustrierte Bilderbuch naturgemäß nicht bieten. Aber Goscinny konnte anno 1967 gar nicht anders, als famos zu texten. Beim „GSDS“ tritt Teilnehmer Comedienharmonix mit „Wochenend und Hinkelstein“ an. Und Konkurrent Phonographix will als früher Ahne von Tony Christie nicht zurück nach Amarillo. Er schwärmt: „Ich bin so gern in Armorica.“ Dagegen fällt Troubadix mit seinem „Am Hinkelstein, Geliebte mein, dort hatten wir ein Stelldichein“ dramatisch ab. Und als ihn auch noch die Römer verschleppen wollen, wird aus dem gallischen Schlagersänger unfreiwillig ein Schlägersänger.
Auch ohne Sprechblasen ist „Der goldene Hinkelstein“ eine große Freude für Asterix-Fans. Wer hören will, wie schlimm-schön die Leier von Troubadix „Zoing! Zoiiing!“ leiert, findet im Internet unter www.karussell.de/hinkelstein das neu aufgenommene Hörspiel zum Heft.
Albert Uderzo/ René Goscinny:
„Der goldene Hinkelstein“. Egmont Ehapa, 48 Seiten; 13 Euro (Hardcover) oder 6,90 Euro (Softcover).