„Mein Name ist Bond, James Bond.“ Dieser Satz, einer der bekanntesten der Kinogeschichte, machte ihn weltberühmt. Für viele Fans ist der am 25. August 1930 in Edinburgh geborene Thomas Sean Connery laut einer britischen Umfrage nach wie vor der beste Bond aller Zeiten. Sogar das Casting für den ersten 007-Film ist mittlerweile längst Legende. Ian Fleming, der Erfinder des Geheimagenten, war von dem ungeschliffenen jungen Kerl mit der geringen Schauspielerfahrung überhaupt nicht angetan. Ihm schwebte ein wesentlich eleganterer Darsteller mit gepflegteren Umgangsformen vor, einer im Stile von Cary Grant oder David Niven. Doch „James Bond jagt Dr. No“ war eine absolute Low-Budget-Produktion. Da gab’s kein Geld für einen derart hoch dotierten Star in der Hauptrolle.
Daher setzten die Produzenten Albert R. Broccoli, Harry Saltzman und Stanley Sopel auf den Unbekannten mit den breiten Schultern. Trotz des schottischen Akzents und der sich mächtig lichtenden Haare. Trotz seiner schlichten Herkunft als Sohn einer Putzfrau und eines Arbeiters, die dem elitären Upper-Class-Sprössling Fleming anfangs ein Dorn im Auge war. Der versnobte Autor änderte jedoch nach den ersten 007-Filmen „James Bond jagt Dr. No“ (1962), „Liebesgrüße aus Moskau (1963) und „Goldfinger“ (1964) die Meinung und schrieb seinem Helden später sogar eine schottische Kindheit in die Agenten-Vita. Und das trotz Connerys wenig gediegenen Werdegangs.
Mit 13 Jahren schon schmiss er die Schule, verdiente sein Geld als Milchmann, als Lkw-Fahrer, als Aktmodell für die Kunststudenten am Edinburgh College of Art und auch als Sargpolierer, wie er am liebsten erzählte. 1950 wurde er Dritter bei der Wahl zum Mr. Universum. Dann wollte er kurzzeitig Profifußballer werden, sah in der Schauspielerei allerdings mehr Potenzial zum Geldverdienen. Ruft man sich die Biografien einst verdienter britischer Kicker wie Bobby Moore oder Stan Bowles ins Gedächtnis, lag Connery mit seiner Entscheidung sicherlich richtig.
„Keiner sah voraus, was für ein gigantischer Erfolg das wurde“, erinnerte sich Connery später. „Wenn ich mich nicht mehr melde, werde ich eben durch 008 ersetzt“, äußerte er anfangs noch als Bond. Doch daran war bald nicht mehr zu denken. Auch nur der Gedanke an einen Ersatz schien lächerlich. Connery wurde trotz seiner sich stetig vergrößernden Halbglatze zum Sexsymbol. Seines virilen Charmes, seines exakten Timings und seiner unfassbaren Präsenz vor der Kamera wegen. Aber auch, weil man wusste, dass ihm eigentlich alles nicht ganz so wichtig war. Die Streber sind nie cool. Connery war es immer. Nicht nur die weiblichen Fans kreischten wie bei den Beatles, sobald sie Connery auf der Straße erkannten. Auch seine Filmpartnerinnen gerieten ins Schwärmen. „Er ist ein echter Mann“, hauchte etwa Gina Lollobrigida hingerissen nach den Dreharbeiten zu „Die Strohpuppe“ (1964). Und Kevin Costner beschrieb einmal, wie er während des Drehs von „The Untouchables – Die Unbestechlichen“ (1987) von einer jungen Frau inständig gebeten wurde, ihr doch bitte ein Autogramm von Sean Connery zu organisieren. Als das People’s Magazine ihn 1989 zum „Sexiest Man Alive“ und 1999 gar zum „Sexiest Man of the Century“ wählte, immerhin kurz vor seinem 70. Geburtstag, kommentierte der so Geehrte die Auswahl nur mit einem knappen „Großartiger Geschmack“.
Was sein Image anging, beschäftigten Connery ganz andere Dinge. Viele Jahre lebte er in der Angst, „für immer in der Bond-Schublade zu verschwinden“, wie er es ausdrückte. Bereits während der Arbeit an „Goldfinger“ haderte er mächtig mit der Figur und betonte bei jeder Gelegenheit: „Ich heiße Connery, Sean Connery.“ Geholfen hat es nicht viel. Aber schon parallel zu seinen sieben 007-Filmen von 1962 bis 1983 wuchs der Schotte zum vielseitigen Charakterdarsteller heran: Er drehte mit Alfred Hitchcock zusammen „Marnie“ und brach dort geschickt mit dem lässigen, durch und durch sympathischen Bild des Spions. Stattdessen wurde er an der Seite von Tippi Hedren zum Inbegriff des toxischen, manipulativen Mannes, der eine schwache Frau für seine Zwecke missbraucht.
Nach dem sechsten Bond „Diamantenfieber“ (1971) brach er vorerst mit dem Agentendasein und widmete sich gänzlich anderen Projekten, beispielsweise „Robin und Marian“ (1976) mit Audrey Hepburn oder unter der Regie von Richard Attenborough „Die Brücke von Arnheim“ (1977). Manchmal fiel das Bemühen, sich dem Auftrag seiner Majestät zu widersetzen, recht trashig aus, wie etwa in dem Science-Fiction-Flop „Zardoz“ (1974). Manchmal aber auch unvergesslich wie in der John-Le- Carré-Bearbeitung „Das Russland-Haus“ (1990) oder als kauziger Papa von „Indiana Jones“ bei Steven Spielberg. Mit Sidney Lumet drehte er 1974 „Mord im Orient-Express“, mit Michael Crichton „Der große Eisenbahnraub“ (1978). Nach einem letzten Bond-Abstecher 1983 in „Sag niemals nie“ wandte Connery sich endgültig der ernsthafteren Muse zu. 1986 brillierte er als William von Baskerville in Jean-Jacques Annauds Leinwandadaption von Umberto Ecos „Der Name der Rose“. Einen Oscar (Bester Nebendarsteller) erhielt er allerdings erst für seinen Part in Brian De Palmas „Die Unbestechlichen“ von 1987.
Sogar dort hörte man noch seinen Dialekt durchklingen. Seit den frühen Jahren seiner Schauspielkarriere riet man dem stolzen Schotten, sich den speziellen Singsang seiner Heimat abzutrainieren: Offensichtlich hat er sich nicht daran gehalten. Der Veganer Connery hat seine Freizeit lieber damit verbracht, sich für die Unabhängigkeit Schottlands einzusetzen – und für die Bildung benachteiligter Jugendlicher. Seit 2011 war er im Beraterstab der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd und kämpfte für den Klimaschutz. Für sein langjähriges, aufopferndes Engagement sagte die britische Prinzessin Anne einmal über Connery, er sei „ein wahrer Held, nicht nur einer auf der Leinwand“.
2003 zog er sich, nach „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“, aus dem Filmgeschäft zurück. Bald darauf gab es Gerüchte über seinen Gesundheitszustand. Von einem Nierentumor war die Rede, später von Alzheimer. Auf Paparazzi-Fotos der letzten Jahre machte Connery aber einen recht rüstigen Eindruck. Nun ist er in Nassau auf den Bahamas, wo er seit Langem ein Haus hatte, gestorben.