Das Kino von morgen

von Redaktion

Oscar-Hoffnung Julia von Heinz ist Jury-Chefin beim Münchner Filmschoolfest

VON KATJA KRAFT

Heute das Filmschoolfest München – und morgen die ganze Welt? Ausrufezeichen bitte! Denn diese Jurypräsidentin kann doch nur ein gutes Omen für alle Teilnehmer des diesjährigen Fests der Filmstudenten in München sein. Julia von Heinz, Deutschlands Oscar-Hoffnung. Ihr Drama „Und morgen die ganze Welt“ kam kurz vor dem neuerlichen Lockdown in die Kinos; wurde offizieller deutscher Kandidat im Rennen um den Goldjungen in Hollywood. Am 5. Februar 2021 gibt die Academy dort bekannt, ob er es in die Endrunde in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ schafft. Dann könnte die 44-Jährige am 25. April 2021 in Los Angeles abräumen.

Auch wenn die neun Buchstaben des Hollywood Sign heute nicht mehr ganz so verheißungsvoll schillern wie in den Dreißiger-, Vierziger-, Fünfzigerjahren, gibt es wohl keinen unter den Machern der auf dem Festival in München vertretenen 50 Filme, der nicht insgeheim von einem Erfolg wie dem der Berlinerin Julia von Heinz träumt.

Die ist keine, die damit hausieren geht. Freut sich aber, junge Leute zu inspirieren. Und zu ermutigen, das Filmschoolfest als Plattform zu nutzen, um Gleichgesinnte aus 22 Ländern von 35 Filmhochschulen kennenzulernen – auch in diesen gerade alles andere als leichten Zeiten für die Branche. „Zwar können sich die Filmstudierenden dieses Jahr nicht live untereinander austauschen, aber das Filmschoolfest München bietet eine wichtige Möglichkeit, ihre Filme präsentieren zu können“, betont die Regisseurin im Interview mit unserer Zeitung.

Nicht nur für die Nachwuchskünstler ist es ein Fest. Mindestens genauso sehr für die Zuschauer, die hier bis zum 22. November in den Genuss von 23 Spiel- und 18 Dokumentarfilmen kommen können. Nein, wieder mal nicht live im roten Kinosessel, sondern – man mag es ja schon kaum mehr schreiben – digital, von daheim aus. Wer jetzt genervt aufstöhnt und keine Lust hat auf das nächste Online-Festival, dem sei gesagt: Sie verpassen etwas Kostbares. Das Gefühl von Hoffnung nämlich, das sich einstellt, wenn man die ungeheure Vielfalt des Kinos der Zukunft entdeckt. Wie völlig unterschiedlich in der Ausdrucksweise die jungen Frauen und Männer vorgehen, wie verschieden die Themen sind, die sie bearbeiten. Sehr reflektiert beleuchten sie die Ambivalenzen der Länder, in denen sie leben; hinterfragen ihr eigenes Sein – und die Vergangenheit, die sie geprägt hat.

Der nur siebenminütige „Sie will, was sie will“ von Quynh Le Nguyen (HFF München) etwa. Vier Frauen zwischen 25 und 71 Jahren erzählen darin unerschrocken ehrlich von ihrer eigenen Sexualität. Der Film endet recht explizit – die Arbeit von vier mutigen Darstellerinnen und einer mutigen Regisseurin. Einen Blick auf männliche Sichtweisen auf die Welt wiederum wirft Gregor Valentovic aus der Slowakei in „Kid“. Sein Hauptdarsteller ist schwul und würde damit gern so frei umgehen wie jeder Heterosexuelle, ohne Angst vor gesellschaftlichen Repressionen. Noch ein Tipp: „Porfotto“ aus den Niederlanden. Ein verstörender Einblick in die Welt der Verlierer der Gesellschaft. Und eine Erinnerung daran, wie eine Sekunde alles verändern kann.

„Gerade jetzt muss man die jungen Regisseurinnen und Regisseure unterstützen“, betont Julia von Heinz. Nichts angenehmer als das!

Das Filmschoolfest

vom 12. bis 22. November unter www.filmschoolfest-munich.de. Ticket: 99 Cent, Festival-Pass: 12,99 Euro

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