NACHRUF

Trauer um Jutta Lampe

von Redaktion

Sie sei „nie eine Diva gewesen, nie Publikumsschwarm oder Star – nicht einmal eine ‚Tatort‘-Kommissarin“, vielmehr besitze sie eine „beständige Helligkeit der inneren und äußeren Erscheinung“, lobpries der Dramatiker Botho Strauß die Schauspielerin Jutta Lampe. Das war im März 2010. Lampe erhielt den Joana-Maria-Gorvin-Preis der Berliner Akademie der Künste, und der üblicherweise zugeknöpfte Dichter konnte mit den Verbeugungen vor der am 13. Dezember 1937 in Flensburg Geborene gar nicht mehr aufhören. Nun ist die Grande Dame des deutschen Schauspiels mit 82 Jahren verstorben.

Sie spielte laut Strauß nicht einfach eine Rolle, sondern belebte das „ganze System“. Von der „effektsicheren Komödiantin und Hüterin der strengen Form“ schwärmte der Mann ebenso wie von dem „silbern mädchenhaften, fast singenden Ton“ ihrer Stimme, die im nächsten Moment schon fast plärrend und ordinär klingen konnte. In allem muss man Strauß vorbehaltlos zustimmen. Lampe, „gleichermaßen aus Vernunft und Sinnlichkeit entsprungen“, war auf der Bühne ein Ereignis. Zart und zerbrechlich auf den ersten Blick, aber entschieden und stählern auf den zweiten. Noch im Alter sah sie wie ein Mädchen aus, mit hoher Stirn, verträumtem Blick und zarter Anmut.

Nach der Schauspielausbildung langweilte sie sich durch Stadttheater-Engagements, bis Regisseur Peter Stein sie 1964 in Bremen entdeckte und erweckte, privat wie beruflich. Mit ihm kam sie nach Berlin. Er gründete die Schaubühne am Halleschen Ufer, sie zählte neben Bruno Ganz, Edith Clever und Otto Sander zur ersten Garde. Gemeinsam schrieben sie mit legendären Inszenierungen wie Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“, Shakespeares „Wie es euch gefällt“ oder Strauß’ „Der Park“ Theatergeschichte (zu streamen unter schaubuehne.de). Sie spielte alle großen Frauenrollen von Aischylos und Beckett über Goethe bis Tschechow. Und auch wenn Margarethe von Trotta sie fürs Kino entdeckte und für großartige Leinwandauftritte besetzte, etwa in dem Schwestern-Drama „Die bleierne Zeit“ (1981), Recht behält am Ende ihr früherer Lebensgefährte Peter Stein, als er sagte: „Sie ist die Schaubühne.“ ULRIKE FRICK

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