Melancholie und Lebensfreude

von Redaktion

Paavo Järvi und die Münchner Philharmoniker

VON GABRIELE LUSTER

Paavo Järvi, der im estnischen Tallinn geborene Dirigent, stand beim jüngsten Geisterkonzert, das am Samstagabend erstmals per Stream zu erleben war, am Pult der Münchner Philharmoniker. Der souveräne, völlig uneitle 57-Jährige aus der bekannten Musiker-Dynastie hatte auch ein nordisches Werk im Gepäck: Vor Beethovens „Eroica“ musizierte er mit dem Ensemble die „Karelia-Suite“ von Jean Sibelius. In der großen Besetzung des zuweilen marschartigen, anfangs raunenden Intermezzos gefielen die Hörner in Nah- und Fern-Klang.

Den melancholischen Gesang der Ballade dominierte über weich fließenden Streichern das wunderbare Englischhorn mit seinen Holz-Kollegen. Auch im dritten, rhythmisch prägnant musizierten Satz „Alla Marcia“ schien Folkloristisches auf. Nicht nur Pauken und Trompeten, sondern die gesamte Formation sorgte für eine üppige Fest-Musik zum Ausklang.

Im Kopfsatz von Beethovens Dritter gab Paavo Järvi ein flottes Tempo vor. Immer wieder fischte die Bildregie die einzelnen Akteure heraus und machte das Wandern der Themen geradezu sichtbar. Den Musikern stets freundlich zugewandt, setzte Paavo Järvi im Trauermarsch auf feine Übergänge, hob Kontrapunktisches ans Licht und ließ den Satz im Pianissimo ersterben. Danach stürzten sich Dirigent und Philharmoniker in die Lebensfreude von Scherzo und Finale. Dynamisch sensibel punkteten die Hörner im langsamen Trio. Zuletzt zündete das Orchester ein geradezu überbordendes Presto.

Aufzeichnung

unter mphil.de/stream.

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