Unter normalen Umständen würde in Kirchen und Konzertsälen derzeit wieder ein Weihnachtsoratorium das nächste jagen. Und weil eine Adventszeit ohne Bachs Klassiker einfach nicht komplett wäre, ließ auch die Bayerische Staatsoper bei ihrem live gestreamten Benefiz-Konzert zugunsten der Aktion „Artists for Kids“ zumindest die erste Kantate erklingen – vorgetragen von den jungen Mitgliedern des Ensembles, deren Vielseitigkeit nach diversen anderen Corona-Projekten hier ein weiteres Mal gefordert war.
Neben Bassbariton Miljan Siljanov konnte vor allem Mezzosopranistin Corinna Scheurle mit ihrem stilsicheren Vortrag punkten. Die größte Überraschung bereitete wohl der designierte Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski, den man im Nationaltheater bislang eher mit Komponisten wie Berg, Bruckner oder Prokofjew assoziierte. Doch auch die Alte Musik scheint keineswegs eine Fremdsprache für den Dirigenten zu sein, der mit dem Staatsorchester ein historisch informiertes Klangideal verfolgte. Und das stand Corellis „Concerto grosso per la notte di natale“ ähnlich gut zu Gesicht wie dem von Johannes Moritz intonierten Trompetenkonzert von Giuseppe Tartini.
Die hier gestellten Weichen führten nahtlos zu Mozarts Symphonie in g-Moll KV 183, die Jurowski mit zügigen Tempi durchpeitschte. Nicht vergessen werden soll darüber Jonas Kaufmann, der es sich ebenfalls nicht nehmen ließ, für die gute Sache drei traditionelle Weihnachtsmelodien beizusteuern und damit an seine aktuelle CD zu erinnern, die demnächst unter manchem Christbaum liegen dürfte. Aber der Zweck heiligt ja bekanntlich so manches Mittel. Und auf Spenden von über 50 000 Euro können die Organisatoren durchaus stolz sein. TOBIAS HELL
Aufzeichnung
unter staatsoper.tv.